Es schüttete, war kühl, finster, wir waren ziemlich müde, nicht nur der Wunderbare recht grantig, alle, außer ihm, hungrig - und wir hatten nicht reserviert. Keine schöne Ausgangslage für jedweden Wirt, keine kluge Strategie für den Gast.

Il Giardinetto war zwar weit entfernt von voll, hatte aber ohne Reservierung echt keinen Platz, lag aber immerhin nah. Il Rifugio in Città war in meiner Ausgabe von Osterie d'Italia noch "neu" und kündete ganz wundervoll von einem Menü aus den friulanischen Bergen, das mindestens viermal pro Jahr wechsle.

Statt des Menüs wechselt der Wirt

Der letzte Wechsel geriet offenkundig sehr gründig - das Wirtshaus gibt's an der Adresse nicht mehr, schlüssigerweise auch im gerade frisch bei Hallwag erschienenen Osteriaführer 2015/16 nicht, jedenfalls in Udine. Genau - da sind wir gerade. Und ziehen weiter durch die eigentlich auch bei Regen, Dunkelheit und Hunger schöne Stadt. Das muss Liebe sein.

Noch ein Stück weiter, und beim dritten Anlauf gelingt's, auch wenn Al Veccio Stallo weit, weit voller ist - gut, es ist ja inzwischen auch schon eine Dreiviertelstunde später. Voller ist es hier nicht nur an Gästen: Rappelvoll die Wände mit vergilbten Promifotos, Sinnsprüchen, Plakaten, Weinflaschen und Gerätschaft, auch aus dem Reit- und Stallwesen - heißt ja nicht von ungefähr so.

Foto: Harald Fidler

Voll auch die Gäste und also auch wir. Das liegt aber, zugegeben, an unserer Auswahl. Aber, Sie wissen ja: Es regnete, war kalt und finster, wir waren inzwischen noch müder und noch viel, viel hungriger. Das ändert sich hier ganz rasch.

Die Wunderbare erkennt die Herausforderungen hier, weise und vorausschauend wie ohnehin immer, und bestellt gewieft strategisch: Das Süße zuerst, bevor sie womöglich von den übrigen Gängen nicht mehr kann: Kürbisgnocchi mit Zimt (unten). Mir natürlich viel zu süß, sie wirkt hoch zufrieden (und alsbald auch der Wunderbare).

Foto: Harald Fidler

Das Auge isst mit, sagt man zwar, an diesem Punkt aber vielleicht besser nicht. Ja, ich hatte Ihre Assoziation auch, kostete aber unerschrocken - und ward belohnt: Eine natürlich auch ein bisserl süße, aber herrlich wuchtige Zuppa di Orzo e Fagioli, Bohnen, Gerste, dick, gut.

Foto: Harald Fidler

Nach dieser Aufwärmrunde brächte schon ein Minzblättchen über herkömmliche Kapazitätsgrenzen - aber wer bestellt bei Schmeck's schon Minzblättchen zur Hauptspeis? Eben: Frittata für die Wunderbare, eine wuchtige, aber wirklich gute ihrer Art. Und damit's nicht zu leicht wird, kommt sie natürlich in Begleitung eines Polentastückerls. Man isst eine Eierspeis' ja auch nicht ohne Brot. Unterwegs bestätigt sich die kluge Weitsicht der Wunderbaren, rechtzeitig auf's Süße zu schauen: Mehr als die Hälfte der Frittata bleibt mir, von der Polenta nicht zu reden. Dabei wählte ich noch ein bisserl Wuchtiger.

Foto: Harald Fidler

Frico mit Polenta, im Wesentlichen gebratener, gern auch alter Käse mit der praktisch unverzichtbaren Maisgrieszuspeis'. Da freut man sich auf einen etwas längeren Heimweg - und eine Grappa. Oder zwei.

Foto: Harald Fidler

(Harald Fidler, derStandard.at, 10.3.2015)