Rudolf der Stifter.

Foto: Erzbischöflichen Dom- und Diözesanmuseum

Die Ahnherren der meisten Nationen stehen als große Staatsmänner oder Helden in den Geschichtsbüchern. Österreichs bekannteste Gründungsfigur war ein notorischer Hochstapler und Fälscher, der nur sieben Jahre regierte und auf dessen Erbe man in Wien dennoch auf Schritt und Tritt stößt - darunter die Universität Wien, die Rudolf IV. (1339-1365) per Urkunde vor genau 650 Jahren aus der Taufe hob.

Der Urenkel des ersten Habsburger-Königs Rudolf I. war österreichischer Herzog. Aber den Königstitel hatten die Luxemburger seinem Vater abgeluchst, allen voran der machtbewusste Kaiser Karl IV. in Prag. Rudolf heiratete dessen Tochter Katharina, doch die Gunst des Schwiegervaters errang er nie. Der traute den Habsburgern nicht und überging sie bei der Ernennung der sieben Kurfürsten in der neuen Wahlordnung für das Heilige Römische Reich, der Goldenen Bulle.

Rudolfs Vater Albrecht II. hatte dem ehrgeizigen Jugendlichen schon früh Herrscherverantwortung übertragen; laut Zeitzeugen führte sich der Filius "wie ein römischer König auf". Als er 1358 die Nachfolge als Herzog antrat, war sein stärkstes Bestreben, seinen Schwiegerpapa Karl zu überflügeln. Dafür griff er gerne in die Trickkiste.

Nicht Wien, sondern Passau war Bischofssitz. Als der Papst ein eigenes Bistum in Wien verweigerte, gründete Rudolf ein Domkapitel, dessen Mitglieder sich im Kardinalsrot kleideten, und erhob die halbfertige Stephanskirche zum Dom. Den Ausbau der Kirche trieb er in Rivalität mit dem Prager Veitsdom voran - und ließ sich gleich als "Stifter" feiern. Karl hatte 1348 in Prag die erste deutschsprachige Universität gegründet, da wollte Rudolf nicht nachstehen. Pech nur, dass der Papst keine theologische Fakultät zuließ, was die "Alma Mater Rudolphina" zur besseren Fachhochschule degradierte.

Rudolfs Meisterstück war das "Privilegium maius", jene Urkunde, die Österreichs Sonderrechte bis auf Julius Cäsar zurückgehen lässt. Der Gelehrte Petrarca enttarnte sie als Fälschung, und Karl ignorierte sie. Aber Rudolf nannte sich von nun an "Erzherzog" und schuf so die Rechtsgrundlage für die Habsburgerherrschaft. Selbst sein Grabmal, das Kenotaph im Stephansdom, ist leer, weil es erst nach seinem überraschenden Tod in Mailand fertig wurde. Rudolf hinterließ keine Kinder, und seine zerstrittenen Brüder teilten das Erbe auf. Dennoch: Sein Talent für die Politik des Scheins macht ihn zum wahren Stammvater Österreichs. (Eric Frey, DER STANDARD, 12.3.2015)