Popcorn Time orientiert sich in seinem Design an Netflix und bietet Streaming auf Filesharing-Basis an

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Binnen weniger Monate ist "Popcorn Time" zu einer der beliebtesten Anwendungen im Netz geworden: Kein Wunder, stellt die App doch das Streaming zahlreicher aktueller Filme und Fernsehserien in hoher Qualität zur Verfügung, ohne dafür auch nur einen Cent zu verlangen. Ob das Urheberrecht eingehalten wird, spielt für Millionen an Nutzern dann keine Rolle mehr; was die Rechteinhaber natürlich zur Weißglut bringt. Sie haben Popcorn Time zum neuen Hauptgegner auserkoren, auch Videostreamer Netflix warnt seine Aktionäre vor dem steigenden Einfluss der Piraterie-Seite. Doch Popcorn Time hat einen Plan, wie es sich vor dem Zugriff durch Behörden schützen und "unbesiegbar" werden will.

Idiotensicheres Filesharing

Grundsätzlich funktioniert Popcorn Time nach dem Bittorrent-Prinzip: Viele Nutzer tauschen viele Dateifragmente miteinander aus. Die App scannt Piraterie-Seiten wie Kickass Torrents, Isohunt oder die Pirate Bay nach neuen Inhalten und integriert die gefundenen Seiten. Wird im Popcorn Time-Menü ein Film ausgewählt, startet der Download samt Upload a la Bittorrent. Was die Anwendung von anderen Programmen unterscheidet ist der Fokus auf ein nutzerfreundliches Interface. Der Filesharing-Prozess wird um einiges vereinfacht und ist quasi idiotensicher.

Drohungen

Ursprünglich entstand die Seite in Argentinien, doch die US-amerikanischen Rechteinhaber der "Motion Picture Association of America" (MPAA) zögerte nicht lange, bis sie die Popcorn Time-Entwickler mit juristischen Drohungen bombardierte. Die Betreiber zogen sich freiwillig zurück, allerdings wurde das Projekt bald von anonymen Entwicklern fortgesetzt. Mittlerweile gibt es mehrere Varianten, etwa Popcorn-Time.se, das mit einer Rate von zusätzlich 100.000 Downloads pro Tag wachsen soll. Insgesamt verfügt Popcorn Time wohl über eine Nutzerzahl im zweistelligen Millionenbereich.

"Süße Rache"

Nachdem auch die neuen Betreiber bereits Erfahrungen mit Behörden machen mussten – so wurde eine Domain gesperrt; planen sie nun ihre "süße Rache", wie es ein Verantwortlicher gegenüber Wired nennt. Das Team hinter Popcorn Time will die App "unzerstörbar" machen: Künftig sollen nicht nur die Videoinhalte dezentralisiert abgerufen werden, sondern die gesamte Anwendung soll über das Bittorrent-Prinzip funktionieren. Dann gibt es keinen einzelnen Server, der beschlagnahmt werden könnte. Sogar Updates will das Team mit einem speziellen Sicherheitsmechanismus über Peer-to-Peer ausspielen.

Globale Infrastruktur

Würde das tatsächlich funktionieren, hätten die Rechteinhaber große Probleme. Denn "Popcorn Time" würde dann von den Millionen an Nutzern selbst betrieben, die quer über den Globus verteilt sind. Die rechtliche Frage, ob Behörden wegen Filesharing Computer von einfachen Bürgern beschlagnahmen können, ändert sich dabei von Land zu Land. In Österreich wurde etwa auf die Verfolgung von "normalen" Filesharern verzichtet. In Deutschland hagelte es -auch für Popcorn Time- in der Vergangenheit immer wieder Abmahnungen.

Betreiber fühlen sich sicher

Die Popcorn-Macher beteuern indes, auch jetzt keine Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Die Inhalte würden ja nicht auf Popcorn Time gespeichert, die Seite fungiere vielmehr als Index. Doch diese Argumentation zog in der Vergangenheit nicht: Von Napster über Pirate Bay bis Kim DotCom wurden schon viele Betreiber als "Ermöglicher" des Filesharings verurteilt. Ob die Rechteinhaber das für Millionen Nutzer durchsetzen könnten, ist allerdings fraglich. (fsc, derStandard.at, 19.3.2015)