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Marine Le Pen gibt sich zufrieden.

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François Hollande nach der Stimmabgabe.

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Paris – Niemand will verloren haben – und für einmal stimmt es sogar: Im ersten Durchgang der französischen Départementswahlen legten alle drei Großparteien zu. Die konservative "Union für eine Volksbewegung" (UMP) kann mit gutem Recht den Wahlsieg für sich in Anspruch nehmen.

Sie liegt mit rund 36 Prozent der Stimmen klar vor allen anderen Parteien. Die Umfrageinstitute hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Front National vorausgesagt. UMP-Chef Nicolas Sarkozy meinte mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen von 2017, bei denen er nach 2007 erneut kandidieren will: "Der Machtwechsel ist im Gang."

Enttäuschung beim FN

Dem Front National (FN) gaben die ersten Hochrechnungen ungefähr 25 Prozent der Stimmen. Das ist für die rechtsextreme Partei eine gewisse Enttäuschung; Parteichefin Marine hatte unvorsichtigerweise posaunt, ihre Formation werde im ersten Umgang der Départementswahlen zur stärksten Partei Frankreichs aufsteigen.

Vor den Fernsehkameras sprach sie am Sonntagabend trotzdem von einem "massiven Zulauf". Das ist nicht falsch: Die Partei hat erneut an Stimmen zugelegt und ist nun Nummer zwei in Frankreich. Sechs Millionen Franzosen geben den Rechtsextremen heute die Stimme, obwohl deren Wirtschaftsprogramm sehr unausgegoren ist und obwohl – oder vielleicht weil – die Lokalkandidaten hinter Le Pen im Wahlkampf zum Teil offen rassistische Sprüche klopften.

Sozialisten stärker als erwartet

Die regierenden Sozialisten halten den Schaden bei dieser "Zwischenwahl" in Grenzen. Premierminister Manuel Valls sprach gar von einem "ehrenwerten Ergebnis" für seine Partei. Je nachdem, ob man ihre diversen Juniorpartner auf der gemäßigten Linken dazuzählt, erzielte sie zwischen 22 und 28 Prozent der Stimmen – auf jeden Fall mehr als die prophezeiten 20 Prozent. Das Lager von Präsident François Hollande entgeht damit der Schmach, von Le Pen deutlich überflügelt zu werden.

Im zweiten Wahlgang in einer Woche wird es wegen des relativ guten Abschneidens des Parti Socialiste (PS) unerwartet viele "Dreieckswahlen" zwischen Kandidaten der UMP, des FN und des PS geben. Damit bleibt offen, ob die Linke wirklich die Hälfte der 60 von ihr regierten Départements abgeben muss. Die UMP will am nächsten Sonntag die Mehrheit der 101 französischen Départements übernehmen.

Keine Regierungsverantwortung für FN

Der FN dürfte im zweiten Wahlgang wegen des Mehrheitswahlrechts leer ausgehen. Le Pen wird den Beweis schuldig bleiben, dass ihre Leute auf dieser Verwaltungsebene Regierungsverantwortung übernehmen können. Das wäre für sie vor den Präsidentschaftswahlen 2017 wichtig, denn ihr größter Schwachpunkt besteht darin, dass sie keinerlei Regierungserfahrung mitbringt.

Sarkozy bemühte sich am Sonntagabend, den Schein der Bescheidenheit zu wahren und keine allzu triumphalen Gefühle aufkommen zu lassen. Nach seinem verpatzten Comeback von 2014 ist es alles andere als sicher, dass der Erfolg der UMP auf sein Konto geht. Der interne Machtkampf um die Investitur der Partei wird in den nächsten Monaten zweifellos an Intensität gewinnen; und wenn der politisch und charakterlich gemäßigte Rivale Alain Juppé wirklich gegen Sarkozy in den Ring steigen will, darf er nicht mehr länger zögern. (Stefan Brändle aus Paris, derStandard.at, 22.3.2015)