Passend zum noblen Ambiente wurde das erste Forum Aufsichtsrat mit Jazzmusik eingeläutet. Mehr als 200 Gäste hatten im Ritz Carlton Platz genommen, der eine oder die andere wippte mit dem Fuß zur Musik. "Die Location haben wir bewusst als Hommage an das Haus und an '150 Jahre Wiener Ringstraße' gewählt", begrüßt Josef Fritz, geschäftsführender Gesellschafter von Board Search, Publikum und Podium. Gemeinsam mit der Hay Group veranstaltete Board Search - eingebettet in die Dr.-Pendl-&-Dr.-Piswanger- Gruppe - die Diskussion.

"Es geht heute zwar ums Geld, aber viel interessanter ist die Story dahinter", fasste der Vorsitzende der Hay Group in Österreich, Dietrich Schramm, das Ziel der Diskussion zusammen.

Josef Fritz - der selbst etwa 1000 Aufsichtsratsitzungen hinter sich hat - führte dann direkt zum Thema. Auf die Frage, ob Aufsichtsräte genug verdienen, hätten 100 Personen wahrscheinlich 100 verschiedene Antworten. "Ich behaupte sogar 101", lacht Fritz.

Der durchschnittliche Aufsichtsrat in Österreich, so Fritz, sei 59 Jahre alt, absolviere fünf bis sechs Sitzungen à vier Stunden, für die er sich ein bis fünf Tage pro Sitzung vorbereite. Die Anwesenheit liege bei durchschnittlich 89 Prozent und das Gehalt zwischen 5000 und 126.000 Euro im Jahr. "Aber ich möchte den Leistungsaspekt betonen. Wo ist denn die Gegenleistung für das, was man an Tantiemen bekommt?" Das Know-how, Know-who und die individuellen Stärken der Aufsichtsräte seien die drei wichtigen Dimensionen - die Professionalisierung der Aufsichtsräte in Zukunft dringend notwendig.

Podium: Bezahlung zu niedrig

Hier stimmte auch das Podium großteils zu. Leopold Miedl, Exbelegschaftsvertreter von RHI, wies etwa darauf hin, dass Vertreter aus der Belegschaft als Insider einen Mehrwert bringen - der Betriebsrat aber oft als "Alien" im Aufsichtsrat behandelt werde. Die Bezahlung österreichischer Aufsichtsräte sieht er als zu niedrig an, sie stehe in keiner Relation zum Wissen der Leute.

Die anderen Podiumsteilnehmer repräsentieren nicht nur Aufsichtsräte, sondern sitzen auch im Vorstand. Norbert Griesmayr, CEO der VAV Versicherung, hält seine Gage als CEO für angemessen - die Entlohnung als Aufsichtsrat zeige jedoch die geringe Wertschätzung dieser Position.

Die einzige Frau auf dem Podium, Barbara Potisk-Eibensteiner, Mitglied des Vorstands der RHI, stört die geringe Rücksicht auf langfristige Incentives in Österreich. Nicht nur auf dem Podium waren Frauen die Minderheit: 88 Prozent der heimischen Aufsichtsräte sind männlich, wie William Eggers von der Hay Group in einem kurzen Zahlen-Input erklärte.

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung denke, dass Aufsichtsräte zu viel verdienen. Im Vergleich mit Deutschland zeigt sich, dass die Korrelation aber stimme. Anders sei es bei der Bezahlung von Vorständen - Eggers These: Die Vorstände werden in Österreich relativ zu hoch vergütet.

Rainer Wieltsch, ÖIAG-Vorstand, sieht eine mögliche Formel für die Entlohnung von Aufsichtsräten in zehn bis 15 Prozent der jeweiligen Vorstandsgage oder in einer Abgeltung mit einem Gegenwert an Arbeitstagen eines Beraters.

Eine andere Dimension betonte "Mister Ikea" Per Wendschlag. Aufsichtsratsmitglieder sollen nach spezifischen Problemen ausgesucht werden. Man solle nicht davor zurückschrecken, einen 25-Jährigen aus der IT zu wählen. "Und gute Leute gehören auch dementsprechend bezahlt - Führungskräfte haben einen Markt." Vielfalt gebe es in heimischen Aufsichtsräten noch nicht - anders als in Skandinavien, wo Wendschlag Erfahrungen sammelte. Diversity betreffe aber nicht nur das Geschlecht, sagt er. Die Frauenquote war abschließend dennoch dominierendes Thema, auch für das Publikum. (DER STANDARD, 28./29.03.2015)