Peking - Chinas Staatschef Xi Jinping hatte sich auf Bundespräsident Heinz Fischer gut vorbereitet. In der Großen Halle des Volkes, wo Fischer zuletzt vor fünf Jahren noch vom Vorgänger Hu Jintao zu seinem damaligen Staatsbesuch mit militärischen Ehren empfangen wurde, hatte Xi als Neuerung des Protokolls neben den Soldaten und erstmals auch 15 Soldatinnen noch eine mit Fähnchen und Blumen wedelnde Kindergruppe aufmarschieren lassen.

Xi hat die alte sozialistische Begrüßungstradition seit seinem Amtsantritt neu aufleben lassen. Fischer nannte die gesamte Zeremonie eine besondere Auszeichnung, da es nicht üblich sei, für einen Präsidenten zweimal einen Staatsempfang zu geben.

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Großer Empfang für Bundespräsident Fischer.
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Beim Gespräch erinnerte Xi an seine erste Begegnung mit ihm vor vier Jahren in Rom und fiel dann mit einer europäischen Bauernweisheit gleich mit der Tür ins Haus: Wenn die Sonne am höchsten stehe, solle man das Heu einbringen. Fischer verstand, was Xi damit meinte und später noch weiter ausführte.

Österreichs Vorsprung

Die Zeit sei reif für intensiveren Austausch mit all dem, wo Österreichs Stärken liegen, von der Zusammenarbeit moderner Industrien, grüner Technologie, der Konzeption smarter Städte bis zur Berufsausbildung. In seiner Replik erinnerte Fischer, dass Österreich viel früher als die meisten anderen europäischen Länder schon 1971 diplomatische Beziehungen zu China aufnahm. "Wir haben daher einen Vorsprung. Und den sollten wir nutzen."

Xi hat aber noch ehrgeizigere nicht nur bilaterale Pläne und es daher besonders eilig, alle potenziellen Verbündeten, darunter auch Österreich, einzubinden. Vor seinem Besucher Fischer, den er dann noch zu einem Mittagessen lud, hatte er am Freitagmorgen Karim Massimow, den Premier Kasachstans, zu Gast, und am Vortag die Präsidenten Sri Lankas und Indonesiens, Maithripala Sirisena und Joko Widodo.

Wirtschaftskonferenz auf Hainan

Was allen vier gemeinsam ist: Sie werden mit Xi und einem Dutzend weiterer Staats-und Regierungschefs am Samstag die Bo'ao-Wirtschaftskonferenz auf Chinas Urlaubsinsel Hainan eröffnen.

Xi hat sie unter das Haupthema seiner Seidenstraßen-Strategie gestellt, das wichtigste außenpolitische Anliegen des neuen starken Mannes Chinas. Er lässt die uralten traditionellen Handelswege in neuer Form aufgreifen, will China über den Landweg mit Zentralasien bis Europa und über den Seeweg entlang der Küsten Südostasiens, Arabiens und Afrikas bis Rotterdam wirtschaftlich verbinden.

In Bo'ao sollen konkrete Infrastruktur- und Entwicklungspläne dazu auf den Tisch kommen. Peking hat bereits einen mit 40 Milliarden Dollar dotierten Seidenstraßenfonds ins Leben gerufen und will bis 31. März eine Asiatische Infrastrukturbank (AIIB) gründen. Sie soll zu Jahresende in Peking die Pforten öffnen.

Es ist ein strategischer Coup, mit dem China den beiden unter USA-Kontrolle stehenden Entwicklungsfinanzierern der Welt, der Weltbank und der Asian Development Bank (ADB), eine dritte internationale Investitionsbank unter Pekinger Regie zur Seite stellt. Vor allem ist sie dazu gedacht, die Infrastruktur der neuen Seidenstraße zu finanzieren, vom Bahnbau über Häfen und Airports bis zu Öl- und Gaspipelines.

USA isoliert

Einen Tag vor Fischers Abreise nach China beschloss der Ministerrat in Wien, dass auch Österreich Gründungsmitglied der AIIB werden soll. Es ist inzwischen das sechste Land aus Europa und der 34. Partnerstaat Chinas bei der Gründung der neuen Bank. Am Freitag meldete sich auch die Türkei an. Südkorea stellte seine Anwartschaft in Aussicht. Die USA, die Chinas Bankgründung von Anfang an zu verhindern versuchten, müssen nun erkennen, wie isoliert sie in dieser Frage sind.

Peking wuchert bereits mit dem Pfund der AIIB, das ihm so plötzlich und selbst unerwartet in den Schoß fällt. Dem Präsidenten Sri Lankas bot Xi für künftige gemeinsame Projekte "erleichterte Finanzierungen durch den Seidenstraßenfonds und über die Asiatische Infrastruktur- und Investitionsbank" an, schrieb "China Daily" am Freitag. Ähnliche Avancen machte er Indonesien und Kasachstan. Dabei ist die AIIB noch nicht einmal gegründet.

Österreich sieht Potenzial

Fischer bekam dagegen angeboten, Österreich enger in Chinas Seidenstraßenkonzept einzubinden. "Europa ist der Endpunkt der von China ausgehenden Seidenstraßen und Wirtschaftskorridore", warb Xi. Damit stößt er auf offene Ohren in Wien, das in der Infrastrukturentwicklung ein großes Potenzial für Österreichs Unternehmen sieht.

Problematischer könnten andere von Xi geäußerte Wünsche werden. Die aufstrebende Weltmacht China sucht internationale Verbündete, besonders wenn es um engere Abstimmungen in globalen Fragen bei den Vereinten Nationen geht. Das EU-Land Österreich solle auch helfen, dass das Investitionsschutzabkommen mit Europa rascher zustande kommt, das seit Jahren verhandelt wird, weil Chinas Marktwirtschaft für die EU noch viele Mängel hat.

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Margit Fischer, Heinz Fischer, Xi Jinping und Peng Liyuan.
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Xi sagte zudem, er würde es "begrüßen, falls sich Österreich an der Zusammenarbeit Chinas mit Mittel- und Osteuropa beteiligt". Premier Li Keqiang war am Abend zuvor noch konkreter geworden. Er schlug vor, Österreich könne die Rolle eines Beobachters einnehmen. Mit Sorgen beobachtet die EU, wie China seit einigen Jahren den Aufbau von Sonderbeziehungen zu 16 Staaten Mittel und Osteuropas vorantreibt, darunter eine Reihe von EU-Mitgliedsländern. Die Gespräche heißen "16+1". Fischer sagte, er wolle das prüfen lassen. Er habe aber keine Berührungsängste.

Zeit blieb auch für die Frage des Umgangs Chinas mit den Menschenrechten, der Freiheit des Internets und der Todesstrafe. Von Xis Vorgängern hatte Fischer immer nur ausweichende Antworten bekommen. Bei Xi war es nicht besser, doch erheblich selbstbewusster. Er führe sein Amt seit dem ersten Tag mit drei Grundsätzen, erklärte er dem Bundespräsidenten. Er tue alles dafür, dass Sicherheit nach außen herrscht, Stabilität nach innen und es zu einer dynamischen Entwicklung zur mittleren Wohlstandsgesellschaft kommt.

Kritik an der sich immer weiter verschlechternden Menschenrechtsbilanz ficht den Autokraten nicht an. Zu Fischer sagte er, dass es unter allen sogenannten Dissidentenfällen keinen gebe, der nicht in Konflikt mit dem Strafgesetz gekommen wäre. (Johnny Erling aus Peking, derStandard.at, 27.3.2015)