Die großen Ankermieter können die Bedingungen, zu denen sie Flächen in Shoppingcentern anmieten, nach Belieben diktieren. Mit dem starken Flächenwachstum - im Bild "Huma Shopping" in Wien, das 2016 wiedereröffnet - schneiden sich die Entwickler ins eigene Fleisch.

Visualisierung: SES

Als Optimismus lässt es sich nicht gerade bezeichnen, was auf dem "Europäischen Shoppingcenter-Symposium" der RegioPlan am Donnerstag in Wien versprüht wurde. Schuld an der eher gedrückten Stimmung, die vom Podium herab verbreitet wurde, sind zwei ganz konkrete Entwicklungen: Einerseits die immer stärkere Umsatzabwanderung ins Internet, andererseits das steigende Überangebot an Shoppingcenter-Flächen.

Zumindest was Ersteres betrifft, gab es aber auch Mutmacher. Denn einerseits sei die Umsatzverlagerung hin zum Online-Handel keine Einbahnstraße, sagte Oliver Breiden von der Metro Properties Holding. Er sieht vielmehr mittelfristig sogar einen "massiven Einstieg der Online-Händler in den stationären Handel". Das Zauberwort dabei heißt "Omnichanneling", und Retail-Profis versprechen sich viel davon.

Einkaufssackerl-Heimtransport-Angebot

"Online und Offline gleichermaßen bedienen" heißt es übersetzt ins Neudeutsche, und es funktioniere mancherorts schon recht gut, berichtete Claudia Theisel vom deutschen Shoppingcenter-Multi ECE. Da werden Online-Shops etwa in stationäre Schuhgeschäfte "integriert", wo der Kunde dann im Laden ein bestimmtes Modell online bestellen und die Schuhe später auch von dort abholen kann. Wenn sie nicht passen, können sie entweder auf dem Postweg oder im Geschäft retourniert werden.

In manchem deutschen Center habe man den Kunden auch schon testweise angeboten, dass sie die Einkäufe abgeben können und diese dann nach Hause geliefert werden, so Theisel weiter. Im Schnitt habe man dabei pro Kunde 2,7 Einkaufstaschen zehn Kilometer weit transportieren müssen.

Solche Innovationen werden aber wohl das "Dilemma", in dem sich Mieter und Vermieter zunehmend wiederfinden, höchstens abmildern können - das wurde beim Vortrag von Klaus Havlicek, Senior Consulter bei RegioPlan, deutlich. Im stationären Bereich sanken die Umsätze in den letzten zehn Jahren um satte 16 Prozent; nur durch den Online-Handel konnten die gesamten Einzelhandelsumsätze noch ein knappes reales Wachstum hinlegen.

Rasantes Flächenwachstum

Das Problem: Die Flächen in Shoppingcentern, die diesen Zahlen zufolge immer weniger benötigt werden, nehmen weiterhin rasant zu.142.000 m² werden allein heuer neu auf den Markt kommen, weshalb manche Beobachter von einer regelrechten "Flächenschwemme" sprechen. Havlicek nannte es ein "steigendes Risiko für beide Seiten", nämlich Mieter wie Vermieter. Auf der einen Seiten sinken die Umsätze, auf der anderen Seite wollen Entwickler bzw. Vermieter höhere Renditen.

Dieses Dilemma bringe die gesamte Branche in Schieflage: Ankermieter werden bevorzugt, weil sie Frequenzbringer sind; diese können derzeit nahezu beliebig Mietverträge nachverhandeln - schwächere Mieter müssen dies nolens volens kompensieren. "Mieter werden eingekauft", brachte es Deichmann-Expansionsmanager Markus Pinggera auf den Punkt. "Es kann aber nicht sein, dass die Großkonzerne auf Kosten der Kleinen expandieren."

"Einfach mal 'Nein' sagen"

Für sein Zitat einer typischen Aussage eines Center-Entwicklers ihm gegenüber bekam Pinggera sogar Szenenapplaus: "Was können wir machen, damit ihr zu uns kommt?" - diesen Satz hört er offenbar sehr häufig. "Einfach mal Nein sagen", empfahl er Entwicklern ob der derzeitigen Marktsituation. Dass neue Center in Wurfweite von bestehenden gebaut werden, wie jüngst etwa im kroatischen Split, sei schlicht und einfach "Flächenwahnsinn".

Auch Havlicek präsentierte ein paar "Lösungsansätze" aus dem von ihm definierten Dilemma: In Sachen Mietverträge sollte etwa nach neuen Vergütungsmodellen gesucht werden, "weil Fläche oder Umsatz für die Bemessung nicht mehr ausreichen". Neue Modelle könnten sich beispielsweise an der bloßen Kundenfrequenz orientieren, meint der Experte. (Martin Putschögl, DER STANDARD, 28.3.2015)