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Proteste gegen die bevorstehende Hinrichtung eines verurteilten Mörders in Karachi - doch die Mehrheit in Pakistan unterstützt Exekutionen.

Foto: REUTERS/Athar Hussain

Islamabad/Neu-Delhi - David Griffiths ist entsetzt. "Wenn Pakistan so weitermacht, wird es einer der Staaten mit den weltweit meisten Hinrichtungen", fürchtet der Asien-Pazifik-Vize von Amnesty International (AI). Fast sieben Jahre hatte Pakistan die Todesstrafe ausgesetzt. Nun lässt Islamabad wieder hängen, und das fast im Akkord. 48 verurteilte Terroristen und Mörder wurden seit Dezember hingerichtet, allein im März endeten binnen zwei Tagen 21 Männer am Galgen. Für den globalen Kampf gegen die Todesstrafe ist dies ein herber Rückschlag.

Zwar praktizieren 36 Länder weiter die Todesstrafe, aber 103 Staaten haben sie abgeschafft und weitere 50 ausgesetzt. Auch in Pakistan galt bis vor kurzem ein Moratorium. Die Wende begann nach der Schreckenstat vom 16. Dezember, als Taliban eine Schule in Peschawar attackierten und 154 Menschen - darunter viele Schüler - töteten.

Politische Motive vermutet

Nur einen Tag später kündigte Premier Nawaz Sharif die Rückkehr zum Galgen an. Der populistische Schritt schien darauf zu zielen, den Volkszorn zu besänftigen und von der eigenen Hilflosigkeit abzulenken. Doch Analysten glauben, dass sich dahinter auch eine politische Agenda verbirgt: Das mächtige Militär wolle so feindlich gesonnene Extremisten ausschalten, die Regierung Kritiker und Opposition einschüchtern.

So zählten zu den ersten Gehängten nicht die Täter von Peschawar, sondern Terroristen, die vor Jahren Attentate auf Ex-Militärherrscher Musharraf und das Militär verübt hatten. Sollten zunächst nur Terroristen gehängt werden, dehnte die Regierung dies auf Mörder aus. Dabei weiß Sharif das Volk hinter sich. In weiten Teilen Südasiens ist die Todesstrafe unvermindert populär.

Scharfe Kritik kommt dagegen aus dem Westen, zumal unter den Verurteilten auch Täter sind, die bei der Tat minderjährig waren. "Internationales Recht verbietet die Todesstrafe für Menschen, die zum Zeitpunkt der Tat unter 18 Jahren waren", kritisierte AI. Oft werden Geständnisse in Südasien zudem mit Folter erpresst.

Kritik von der Uno

Auch die Vereinten Nationen redeten Pakistan ins Gewissen. "Das Recht auf Leben ist ein fundamentales Menschenrecht", mahnte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Pakistan müsse die Hinrichtungen sofort stoppen. Doch das kam nicht gut an. In den Leserspalten auch liberaler Zeitungen hagelte es böse Kommentare.

Viele Pakistaner werfen den Kritikern Doppelmoral vor. "Fragt doch zuerst die USA, China, Russland, Indien und Saudi-Arabien, ein völliges Moratorium für die Todesstrafe einzuhalten", erboste sich ein Leser der Express Tribune. Tatsächlich befindet sich Pakistan in illustrer Gesellschaft.

Angeführt wird der laut Amnesty "beschämende Club" von China und dem Iran. Doch auch die USA, Japan und Länder wie Saudi-Arabien und Irak finden sich unter den Top Ten der Hinrichtungsstaaten. So richteten die USA von 2007 bis 2013 nach einer auf AI-Zahlen basierenden Liste des Guardian 259 Menschen hin, in Saudi-Arabien waren es 502, im Irak 425. (Christine Möllhoff, DER STANDARD, 28.3.2015)