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Hoffnung auf Besserung bis 2017: François Hollande.

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Hoffnung auf Stillstand bis 2017: Nicolas Sarkozy.

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Es ist erst eine kleine, eine vorläufige Revanche. Doch wie gut sie tut! Am Sonntagabend schien Nicolas Sarkozy (60) leicht und locker und wie verjüngt. Monate der Finsternis, Tonnen von Bitterkeit schienen von ihm abgefallen. Vor einer Woche hatte sich der Chef der konservativen Union für eine Volksbewegung" (UMP) noch zurückgehalten, als seine Partei im ersten Durchgang der Departementswahlen bereits vorne lag. Am Sonntagabend, als die UMP den regierenden Sozialisten Dutzende der insgesamt 101 Departements abgenommen hatte, konnte er sich sein Lachen vor den TV-Kameras kaum verkneifen.

Der Zamapano ist zurück

Dabei hatte Sarkozy sehr Ernstes mitzuteilen: Frankreich sei abgewirtschaftet; nun stehe aber ein Machtwechsel bevor. So treuherzig er sich an seine "chers compatriotes", die lieben Landsleute, wandte, so aggressiv bezichtigte er François Hollande der "Lügen, Blindheit und Impotenz".

Durch Frankreichs Wohnzimmer ging ein Déjà-vu. Nicht nur, weil da plötzlich wieder der Zampano zurück ist, den sie doch vor drei Jahren ins politische Jammertal verdammt hatten. Zurück ist auch das Duell der beiden Präsidenten. Die Franzosen erinnern sich wieder an den gehässigen Wahlkampf von 2012, der lange in der Schwebe war.

Damals obsiegte der farblose Buchhalter-Sozialist, weil die Franzosen genug hatten von Sarkozy und seinen großen Worten, denen meist winzige Taten folgten, und von seinen Lügen, Eskapaden und Affären. Hollande war nur der bleiche Ersatz für den sozialistischen Hoffnungsträger Dominique Strauss-Kahn, der ein paar Monate zuvor über den Missbrauchsvorwurf einer New Yorker Hotelangestellten gestolpert war.

Sarkozy sucht Satisfaktion

Gerade weil Hollande seinen Einzug ins Élysée anderen zu verdanken hat, sucht Sarkozy die Auseinandersetzung mit ihm. Der frühere will im Zweikampf mit dem aktuellen Präsidenten gewiss eine Scharte auswetzen, die sein eitles Ego hart getroffen hat. Vor allem aber sieht er, dass Hollande der Aufgabe nicht gewachsen ist: Die Wirtschaft lahmt, die Arbeitslosigkeit grassiert, die Franzosen wählen Le Pen. Zumindest im linken Flügel wendet sich die eigene Partei von Hollande ab.

Sarkozy ist überzeugt, dass Hollande seine Rückversicherung ist, um 2017 wieder ins Élysée einzuziehen. Mit gerade noch 20 Prozent Beliebtheitswerten werde sich der Präsident nicht mehr aus seinem Umfragetief hochhangeln, räsoniert der konservative Oppositionschef. Bedeutend gefährlicher wäre für ihn Premier Manuel Valls, ein harter Streiter, der zum rechten Flügel des Parti Socialiste zählt und damit auch Mitte-Wähler anziehen könnte.

Abhängig voneinander

Es klingt nur auf den ersten Blick paradox: Nachdem Hollande die Wahlen 2012 nur wegen Sarkozys Schwäche gewann, will Sarkozy die Wahlen 2017 dank des schwachen Hollande gewinnen. Und im Hinblick auf die nächsten Präsidentschaftswahlen setzen die beiden aufeinander. Beide erachten den jeweils anderen als erledigt. Aber beide wissen, dass sie wohl 2017 nur dank des anderen gewinnen können.

So auch Hollande: Der Staatschef gibt sich keineswegs geschlagen. Er rechnet sich aus, dass sein Lager mit 27 Prozent der Stimmen immer noch mehr Stimmen machte als der Front National von Marine Le Pen mit 25 Prozent. Zudem sind die Élysée-Wahlen noch über zwei Jahre entfernt, ein Aufschwung erscheint möglich. Hollande weiß aber, dass seine Chancen sinken, sollte die UMP nicht Sarkozy ins Rennen schicken, sondern Alain Juppé: Der gemäßigte Ex-Premier zieht schon heute Sympathisanten über die Mitte hinaus an.

Sarkozy ist Hollandes Wunschgegner - und umgekehrt. Die beiden verachten und verabscheuen sich, sie hängen aber voneinander ab. Das Duell zwischen Präsident und Ex-Präsident wird Frankreich die nächsten zwei Jahre prägen. Hollande sieht eine Chance, doch noch zu gewinnen; und Sarkozy bekam in den Departementswahlen Appetit auf die richtige, die wahre Revanche. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 31.3.2015)