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Daxbacher über Koller: "Das zeigt mir, wie engstirnig manchmal reagiert wird, ohne nachzudenken. Es waren Vorurteile, das ist mir gegen den Strich gegangen."

Foto: Reuters/Zolles

Wien - Eben beim LASK abserviert, hat Karl Daxbacher bereits einen neuen Platz gefunden. Ab 1. Juni trainiert er den SKN St. Pölten in der Ersten Liga, am Donnerstag sprach er mit derStandard.at.

derStandard.at: Sie wurden bei der Austria und zuletzt beim LASK trotz ansprechender Ergebnisse entlassen. Ist der Fußball nicht ein zermürbendes Geschäft?

Daxbacher: Auf alle Fälle. Aber es ist auch die große Leidenschaft aus Kindertagen. Das wiegt vieles auf. Unter dem Strich gibt es nichts Schöneres.

derStandard.at: Sie befinden sich nie lange auf Jobsuche. Interpretieren Sie das als Bestätigung?

Daxbacher: Aus der Distanz wird meine Arbeit durchaus honoriert. St. Pölten war immer wieder an meiner Person interessiert. Bisher war es vertraglich nicht möglich. Es hat mich aber nicht überrascht, dass der Verein sich jetzt wieder bei mir gemeldet hat.

derStandard.at: Konnten Sie sich bereits ein Bild von der Mannschaft machen?

Daxbacher: St. Pölten ist meine Heimatstadt, deshalb verfolge ich das Geschehen hier immer mit Interesse. In der Liga spielt man viermal im Jahr gegeneinander. Da kennt man die Mannschaften ohnehin.

derStandard.at: St. Pölten schlägt sich unter seinem Wert. Sehen Sie das anders?

Daxbacher: Wir sehen in dieser Saison, wie schnell man nach unten rutschen kann. Austria Lustenau und Wacker Innsbruck hätte man auch weiter oben erwartet. Ist man erst einmal hinten, kommen die Nerven dazu.

derStandard.at: Ihr Vertrag gilt nicht für die Regionalliga. Nur wenige Punkte trennen St. Pölten vom letzten Platz. Haben Sie Befürchtungen?

Daxbacher: Der Klassenerhalt wird ein hartes Stück Arbeit. Aber natürlich glauben wir daran. Die Mannschaft ist stark genug. Aber am Ende entscheiden Kleinigkeiten. Noch geht es elf Runden.

derStandard.at: Haben Sie einen alternativen Plan?

Daxbacher: Nein, wenn ich einem Verein zusage, sehe ich mich nicht anderswo um. Sollte es nicht klappen, muss man sich neu orientieren. Den großen Druck habe ich nicht. Ich möchte aber auf jeden Fall im Fußball tätig sein.

derStandard.at: Wie ist Ihr Verhältnis zu Sportdirektor Frenkie Schinkels?

Daxbacher: Irgendwo habe ich einmal gelesen, wir könnten nicht miteinander. Das stimmt nicht. Das Verhältnis ist entspannt, wir diskutieren viel über Fußball.

derStandard.at: Sind die Monate bis zu Ihrem Amtsantritt wichtig, um die Batterien aufzuladen?

Daxbacher: Es tut mir sicher gut. Man kann abschalten. Aber ich werde mir natürlich die Spiele ansehen. Und gedanklich daran arbeiten, dass die Mannschaft kommende Saison konkurrenzfähig ist.

derStandard.at: Manche Menschen behaupten, Sie seien kein moderner Trainer. Was setzen Sie entgegen?

Daxbacher: Ich würde gerne die Begründung wissen. Vielleicht ist es nur dahingesagt, weil ich älter bin als so mancher Kollege.

derStandard.at: Es geht auch um taktische Konzepte.

Daxbacher: Meine Philosophie, wie man gerne so hochtrabend sagt, kann gar nicht unmodern werden. Meine Mannschaften spielen mit wenigen, kurzen Ballkontakten, sie sollen eine Überlegenheit ausstrahlen.

derStandard.at: Das funktioniert aber auch nicht immer.

Daxbacher: Natürlich ist es nicht immer von Erfolg gekrönt. Aber in Summe ist es erfolgversprechender und attraktiver, als auf Konter zu spielen.

derStandard.at: Ist es das Patentrezept für einen modernen Trainer?

Daxbacher: Nein, die Spitzenmannschaften spielen mit unterschiedlichsten Systemen erfolgreich.

derStandard.at: Wie wird unter einem Karl Daxbacher trainiert?

Daxbacher: Mit dem Ball. Als Marko Arnautovic von Inter zu Werder wechselte, meinte er, unter Mourinho habe es kein Konditions-, sondern nur Training mit dem Ball gegeben. Aber Inter war Meister, Cupsieger und Champions-League-Sieger.

derStandard.at: Sind Sie taktisch immer auf dem letzten Stand?

Daxbacher: Ist das hohe Pressing letzter Stand oder schon wieder veraltet? Es ist Interpretationssache.

derStandard.at: Salzburg hat damit imponiert.

Daxbacher: Das war inspirierend. Aber ich habe gesehen, wie schwierig die Umsetzung ist. Wenn die Gegner stark sind, wird die Sache noch komplizierter. Auch Leverkusen rudert unter Roger Schmidt schon etwas zurück. Pressing in dieser Form bedeutet hohe gedankliche und physische Ansprüche.

derStandard.at: Von der anderen Seite betrachtet: Was macht man gegen hohes Pressing, wie lautet das Gegenmittel?

Daxbacher: Schwächere Mannschaften spielen hoch heraus und versuchen dann den zweiten Ball zu kriegen. Technisch versierte Teams lösen die Situation mit schnellen Kombinationen und haben anschließend Raum zur Verfügung.

derStandard.at: Sie waren einer der wenigen Befürworter von Teamchef Marcel Koller. Fühlen Sie sich bestätigt?

Daxbacher: Ich bin sogar ein wenig stolz. Das zeigt mir, wie engstirnig manchmal reagiert wird, ohne nachzudenken. Es waren Vorurteile, das ist mir gegen den Strich gegangen. Das geht einfach nicht. Aber leider gibt es das, nicht nur im Fußball, sondern in der ganzen Gesellschaft. Es zählt nur die fachliche Qualität, die Herkunft ist egal.

derStandard.at: Man nennt Sie einen "Sir". Gefällt Ihnen diese Bezeichnung?

Daxbacher: Es ist ein Kompliment. Ich weiß gar nicht, wie es dazu kommt. Vielleicht, weil ich nie beleidigend werde. Auch wenn es manchmal enttäuschend ist und man so etwas wie beim LASK erlebt. Ich versuche, Achtung zu wahren. (Philip Bauer, derStandard.at 2.4.2015)