Magdalena Akantisz und Peter Mahlknecht tüfteln zurzeit an einem gläsernen Zylinder, mit dem der Benützer seinen eigenen Essig herstellen kann.

Foto: Christian Benesch

Klar gibt es viele Menschen, die eine Flasche Wein immer ganz leeren. Es gibt aber auch andere, die eine solche nicht austrinken und es gleichzeitig schade finden, wenn etwas von einem guten Wein übrigbleibt. Wer schüttet einen guten Tropfen schon gern weg? Das ist ein Grund, warum wir im Moment daran arbeiten, ein Objekt zu gestalten, das es solchen Zeitgenossen ermöglicht, ihren eigenen Essig zu produzieren. Die erste Idee dazu hatten wir vor circa einem halben Jahr.

In einer ersten Phase haben wir uns sehr genau angeschaut, auf welche Art Essig industriell hergestellt wird und auch sonst eine Menge zum Thema Essig recherchiert. Es ist interessant, dass der Essig eigentlich vor dem Wein da war, im Sinne davon, dass man Wein ursprünglich anbaute, um Essig zu gewinnen.

Der eigene Essig

Grundsätzlich kann man aus jedem Alkohol Essig herstellen, im Falle von Wein ist es geschmacklich allerdings interessanter, nur eine Sorte zu verwenden. Ein Viertel- bis ein halber Liter sollten es mindestens sein. Diesen füllt man in unseren Glaszylinder, dazu kommen Essigbakterien oder eine sogenannte Essigmutter, das ist etwas Glibberiges, das man zum Beispiel beim Essigbrauer Gegenbauer bekommt. Die Mutter beschleunigt den Prozess. Das Gefäß sollte maximal bis zur Hälfte befüllt werden, sodass der Sauerstoff eine möglichst große Fläche hat, auf die er einwirken kann. Was auch noch ins Gefäß kommt, sind Buchenholzspäne, die vergrößern die Oberfläche, an der sich die Essigbakterien bilden können. Außerdem haben sie einen vergleichsweise neutralen Geschmack.

Von Vorteil ist es, wenn man die ganze Sache in Bewegung hält, wir denken dabei an einen Aufziehmechanismus, der den werdenden Essig einmal am Tag für drei Minuten bewegt. Das kann man sich wie eine Spieluhr vorstellen. Auch die Temperatur ist für den Prozess nicht unwesentlich. 25 Grad wären ideal.

Ziel dieses Projekts ist es, ein schön anzuschauendes Objekt zu schaffen, an dem man seine Freude hat, und nach drei Wochen seinen eigenen Essig zum Salat geben zu können. Vom Format her soll es in ein Weinregal passen. Außerdem soll das Ding zeigen, dass Design nicht immer nur ein Möbel, eine Leuchte oder ein Glas sein muss. Diesbezüglich ist unsere Sitz- und Liegelandschaft, die wir bei der vergangenen Designweek gezeigt haben, eher eine Ausnahme gewesen.

Im besten Fall

Uns ist das Experimentelle sehr wichtig, und der bewusste Umgang mit alltäglichen Gegebenheiten. Wer denkt heutzutage schon dran, etwas beinahe Selbstverständlichem wie Essig eine besondere Bedeutung zu verleihen. Ferner wollen wir den Endverbraucher an einem Prozess teilhaben lassen. Er soll den Wert eines Objekts erkennen, dieses nicht einfach nur konsumieren. Wir wünschen uns Reflexion. Ein Objekt hat nicht nur den Sinn, hübsch herumzuliegen. Es soll die Frage beantworten, warum und auf welche Art es gemacht wurde. Im besten Fall stellt ein Objekt auch Fragen an den Konsumenten. Es gibt zum Beispiel einen Sessel von uns, den der Kunde selbst herstellt, indem er ihn in eine vorgefertigte Form gießt.

Wir konnten während der vergangenen Jahre beobachten, dass Menschen wieder mehr über die Hintergründe eines Produktes erfahren wollen und auch das Bedürfnis spüren, sich mehr einzubringen. Das sieht man deutlich am DIY- und Upcycling-Boom.

Noch gibt es keinen Produzenten für unsere Essigmaschine, wir können uns gut vorstellen, sie selbst zu produzieren. Im Juni werden wir sie in der "Windows Gallery" im Wiener Stilwerk am Donaukanal präsentieren. Dann wird sie auch einen Namen haben. (Michael Hausenblas, Rondo, DER STANDARD, 10.4.2015)