Erstmals geht Amazon gerichtlich gegen Rezensionsverkäufer vor.

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Ein wichtiger Bestandteil der Produktseiten im Onlineshop des Handelsriesen Amazon sind Kundenrezensionen. Sie sollen es Kunden ermöglichen, einen Eindruck vom Produkt zu erhalten, der nicht nur aus Fotos und Beschreibung des Anbieters besteht. Verschiedenen Untersuchungen zufolge stellen die Bewertungen mittlerweile einen wichtigen Faktor bei der Kaufentscheidung. Dementsprechend ernst werden sie von Händlern genommen, die auf Amazon präsent sind.

In einigen Fällen haben Hersteller auch schon versucht, gerichtlich gegen schlechte Kundeneindrücke vorzugehen. Manipulation findet aber auch auf andere Art statt. So gibt es Webseiten, die versprechen, gegen Entgelt für mehr positive Rezensionen für bestimmte Produkte zu sorgen. Nun geht Amazon erstmals gegen derartige Dienstleistungen vor, berichtet die Seattle Times.

Amazon sieht Schaden für Vertrauen und Marke

Im Visier hat das Web-Versandhaus dabei buyamazonreviews.com und buyazonreviews.com. Den Betreibern wirft man Urherberrechtsverletzung, irreführende Werbung sowie Verstößen gegen Konsumentenschutzgesetze vor. Wenngleich es zahlenmäßig nicht viele seien, würden "diese Rezensionen das Vertrauen, das Kunden und die große Mehrheit der Anbieter und Hersteller in Amazon setzen untergraben und die Marke von Amazon schädigen" heißt es in der Klagsschrift.

Mark Collins, Verantwortlicher von buyamazonreviews.com, wehrt sich gegen die Vorwürfe in einer Stellungnahme. Man würde keine gefälschten Rezensionen verkaufen, erklärtz er. Man würde nur "unbeeinflusste, ehrliche Meinungen vermitteln", was seiner Ansicht nach "ganz und gar nicht illegal" sei. Amazon selbst gibt zu laufenden Verfahren keinen Kommentar ab.

Widersprüche

Die Angaben von Collins stehen allerdings in Kontrast zur Beschreibung seiner Dienstleistung auf der Website. Dort wird damit geworben, "unbegrenzt Reviews mit vier und fünf Sternen [Anm.: die bestmögliche Bewertung in Amazons System]" kaufen zu können. "Talentierte Schreiber" würden sich die Produkte des Käufers und seiner Konkurrenz ansehen und dann Rezensionen verfassen, die "sicherlich zu Verkäufen führen". Collins versteht sich dabei als "Mittelsmann", die lediglich Verkäufer und Käufer zusammenbringe.

Dabei lassen sich die Bewertungstexte für alle Produktkategorien, vom Buch bis zu Elektronik oder Kosmetik, buchen. Bei der Mindestabnahme von drei Bewertungen verlangt Collins rund 25 Dollar pro Rezension, bei höheren Mengen wird Rabatt gewährt. Der Nutzer kann außerdem wählen, innerhalb welchen Zeitraums die Bewertungen eingestellt werden sollen. Auch Sonderwünsche, inklusive Bestellung des Produktes, um Reviews mit "verifiziertem Kauf" einstellen zu können, sind verhandelbar.

Ähnlich lautete das Angebot von buyazonreviews.com, das vom Betreiber offenbar als Reaktion auf die Klage vom Netz genommen wurde. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels war unter der Adresse nur noch eine Fehlermeldungen zu finden.

Präzedenzwirkung möglich

Das Urteil, auch im Bezug auf die reklamierte Urheberrechtsverletzung durch die Verwendung von Amazons Logo und Name, könnte Präzedenzwirkung für andere Anbieter entfalten.

Der Fall wirft erneut Licht auf das Problem, dass Bewertungssysteme wie jene von Amazon trotz diverser Absicherungen nicht vor Manipulationen gefeit sind. Insbesondere beim Kauf von teuren Produkten sollten Konsumenten stets mehrere Informationsquellen zurate ziehen, bevor sie den "Jetzt bestellen"-Button anklicken. (gpi, 10.4.2015)