Wien – Verbale Angriffe, Ausschluss von Arbeitsgruppen, unangemessene Berührungen: Jeder vierte Studierende einer österreichischen Universität, Fachhochschule oder Pädagogischen Hochschule fühlte sich mindestens ein Mal diskriminiert. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) und des Instituts für Höhere Studien (IHS).

Für den Bericht wurden im November und Dezember 2014 online 3660 Studierenden nach ihrer Selbsteinschätzungen befragt.

Stärkere Diskriminierung an Kunstunis

Überdurchschnittlich von Diskriminierung an den Hochschulen betroffen sind Frauen - mit 27 Prozent gegenüber 18 Prozent der Männer -, homo- und transsexuelle Studierende (31 Prozent) und Studierende mit Migrationshintergrund. Von Letzteren werden Studierende aus Nicht-EU-Ländern mit 41 Prozent weitaus öfter diskriminiert als Studierende aus Deutschland (32 Prozent).

Studierende von Kunstuniversitäten werden öfter als ihre Kollegen diskriminiert. Sie haben die meisten negativen Erfahrungen gemacht (32 Prozent). "In künstlerischen Studien gibt es mehr Kleingruppen und Einzelunterricht, passiert öfter etwas", sagt Studienautorin Berta Terzieva vom IHS. Am seltensten trifft es mit 17 Prozent Studierende von Fachhochschulen. Dort fehle es an Sensibilisierung für das Thema. Studierende würden Übergriffe seltener als solche wahrnehmen. "Empfindungen von Diskriminierungen unterscheiden sich von Person zu Person und von Fach zu Fach", sagt Terzieva.

Stereotype und Witze

Den Ausgang nimmt eine Diskriminierung vor allem von Lehrenden und Studierenden (jeweils zwölf Prozent der Angaben). Ausländische Studierende gaben bei der Befragung zweimal häufiger an, dass Kollegen sie diskriminiert haben, während Studierende an Kunstuniversitäten Lehrende 1,7-mal öfter als der Durchschnitt nennen. Aber auch Mensaangestellte und anderes Unipersonal sind Akteure.

Unter den Diskriminierungsarten überwiegen verbale Angriffe, zweideutige Witze und Stereotypisierungen (je zehn Prozent), gefolgt von der Verwendung diskriminierender Begriffe in der Sprache. "Dass Studierende sich davon angegriffen fühlen, zeigt, wie essenziell Sprache ist", sagt Julia Freidl (VSStÖ) vom ÖH-Vorsitz.

Sexistische Lehrende

Jede dritte Studentin gab auch an, geschlechtsspezifisch diskriminiert worden zu sein – unter den Doktoratsstudentinnen sind es sogar 42,7 Prozent. "Schockierend ist, dass Sexismus oft von Lehrenden ausgeht", sagt Freidl. Studierende, die Opfer von Diskriminierung wurden, behalten dies meist für sich. 72 Prozent der Befragten gaben an, den Vorfall nicht gemeldet zu haben. Die ÖH fordert daher "offizielle Anlaufstellen": In einem ersten Schritt soll der an den Unis bereits aktive Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen flächendeckend an allen Hochschultypen eingerichtet werden. Dann sollen Anlaufstellen mit psychologischer Beratung bereitgestellt werden. (Oona Kroisleitner, DER STANDARD, 15.4.2015)