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Google nutzt seine Marktmacht aus - so sieht es zumindest die EU-Kommission.

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Nun ist es offiziell: Die EU-Kommission wirft Google den Missbrauch einer marktbeherrschenden Position vor. Das verkündete Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch vor versammelter Presse. Am Ende des Verfahrens könnte dem Unternehmen eine Strafe von bis zu sechs Milliarden Euro drohen.

Vorwurf

Der zentrale Vorwurf lautet, dass Google in seiner Suchmaschine Rivalen zugunsten eigener Dienste benachteiligt. Im Speziellen gehe es dabei um die Produktsuche, bei der Google andere Online-Händler systematisch nach unten reihe und das eigene Google Shopping bevorzuge, erklärte die Kommission.

Stellungnahme

"Ziel der Kommission ist es, durch Anwendung der EU-Kartellvorschriften dafür zu sorgen, dass die in Europa tätigen Unternehmen, wo auch immer sie ihren Sitz haben, die Auswahl für die Verbraucher in Europa nicht künstlich einschränken oder Innovation bremsen", argumentiert Vestager. Beim aktuellen Vorgang handelt es sich um ein "Statement of Objection", auf das Google nun reagieren kann. "Sollte die Untersuchung unsere Befürchtungen bestätigen, müsste Google die rechtlichen Konsequenzen tragen und seine Geschäftspraxis in Europa ändern."

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Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bei der Ankündigung der Untersuchung.
Foto: APA

Das Verfahren läuft seit Jahren, dem Konzern können Milliardenstrafen und Einschnitte ins Geschäftsmodell drohen. Google hatte sich im Zuge des Verfahrens zu Zugeständnissen bereiterklärt, die Vestagers Vorgänger Joaquin Almunia ausreichend fand. In der Kommission gab es jedoch Widerstände gegen eine Einstellung. Den Konkurrenten und Unternehmen aus der Medienbranche gingen Googles Zugeständnisse nicht weit genug. Sie wollen unter anderem einen prominenteren Platz bei der Anzeige von Suchergebnissen.

Reaktion

Mittlerweile hat Google in einem Blog-Eintrag zu den Vorwürfen Stellung bezogen. Alle Änderungen der vergangenen Jahre - etwa die direkte Anzeige von Informationen zu Wetter, Flügen und Produkten - seien im Interesse der eigenen Nutzer erfolgt. Dass gerade der Shopping-Bereich nun im Fokus der Ermittlungen der EU steht, verblüfft das Unternehmen. Würden die Zugriffsstatistiken doch zeigen, dass es hier einen sehr lebendigen Wettbewerb gebe. So würden etwa in Deutschland Amazon und Ebay dominieren, gefolgt von idealo.de - Google Shopping rangiert hier nur unter ferner liefen.

Mit einer Grafik versucht Google seinen Standpunkt zu untermauern: Es gebe kein Wettbewerbsproblem bei Shopping-Seiten.

Zudem gebe es im Suchbereich nicht nur mit Bing und Yahoo bestehende Konkurrenz, es kämen auch laufend neue Herausforderer wie Cortana und Siri hinzu. Ein weiterer, sehr erfolgreicher Konkurrent sei Amazon, immerhin würden viele Konsumenten direkt dort nach Produkten suchen, ohne den Umweg über Google zu gehen. Und nicht zuletzt würden auch soziale Netzwerke wie Facebook immer öfter genutzt, um an relevante Informationen zu kommen.

Android

Parallel dazu leitet die EU-Kommission ein Verfahren wegen des mobilen Betriebssystems Android ein. Hier stößt man sich daran, dass Google für den Zugriff auf den Play Store von den Herstellern verlangt, auch andere Google-Apps wie etwa Youtube mitzuliefern. Das könnte andere Hersteller benachteiligen.

Forks

Ebenfalls kritisiert werden die strikten Regeln in der Open Handset Alliance, in der Google mit seinen Partnern rund um Android organisiert ist. So verpflichten sich Firmen, die Android samt den Google-Services ausliefern wollen, parallel keine Geräte mit inoffiziellen Android-Abspaltungen herzustellen. Darüber hinaus sieht die Kommission die Kopplung auf Android-Geräten vertriebener Google-Anwendungen und -Dienste mit anderen Anwendungen als problematisch an.

Gegenargument

Google verweist bei solchen Vorwürfen immer wieder darauf, dass Android Open Source sei, Dritthersteller also eigene Varianten des Betriebssystems ganz ohne Google-Services anbieten könnten. Prominentestes Beispiel für eine solche Herangehensweise ist der Online-Händler Amazon, der seit Jahren von Google unabhängige Tablets und Smartphones entwickelt. Und auch bei Geräten mit Play Store gebe es keine Beschränkung, Konkurrenz-Apps mitzuliefern. So ist etwa Samsungs Galaxy S6 auch mit Programmen von Microsoft und Facebook ausgestattet.

Vorgeschichte

Eine Zuspitzung der Brüsseler Position hatte sich bereits in den vergangenen Wochen abgezeichnet. In den USA war ein ähnliches Verfahren der dortigen Wettbewerbshüter für Google glimpflich ausgegangen. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 14.4.2015)