Der Pfeil markiert die Quelle des charakteristischen Fingerknackens. Der Augenblick, in dem der kleine Hohlraum entsteht, dauert weniger als 310 Millisekunden, stellten die Forscher fest.

Foto: University of Alberta

Edmonton - Viele tun es unbewusst, andere bringen damit ihre Mitmenschen, die das Geräusch partout nicht ausstehen können, absichtlich zur Weißglut: Die Rede ist von jenem typischen Knacklaut, den Gelenke von sich geben, wenn man an den Fingern zieht oder sie durchbiegt. Obwohl man das Phänomen vermutlich kennt, seit es Finger gibt, war man bei der Frage, wie das Geräusch eigentlich entsteht, bisher allein auf Spekulationen angewiesen.

In den letzten Jahrzehnten rückten dabei kleine kollabierende Bläschen in den Fingergelenken an die Spitze der Verdächtigenliste. Auch das Zurückschnellen von Bändern galt unter einigen Medizinern als Kandidat. Nun aber dürfte endgültig Schluss sein mit den vagen Mutmaßungen: Kanadischen Forschern um Greg Kawchuk von der University of Alberta ist es offenbar gelungen, das Geheimnis ein für alle Mal zu lüften. Als Versuchsperson stellte sich der Chiropraktiker Jerome Fryer zur Verfügung, der als - wie Kawchuk es formuliert - "Wayne Gretzky" unter den Fingerknackern gilt und auch als Forscher an der Studie beteiligt war.

Knackend entsteht ein Hohlraum

Um herauszufinden, was sich während des Knackens in den Gelenken abspielt, wurde Fryers Hand in einen Magnetresonanztomographen gesteckt. Während ein Mechanismus langsam an den einzelnen Fingern zog, hielt das MRT jenen Moment fest, an dem das typische Geräusch auftrat. Was die Forscher just in dem Augenblick beobachteten, war folgendes: Erreichte die Zugkraft ein gewisses Niveau, trennten sich die beiden Gelenksflächen plötzlich voneinander und ein Hohlraum bildete sich, bereichten die Forscher im Fachjournal "PlosOne"; der Fachman spricht von Tribonucleation.

RehabMedicineUofA

"In dem kurzen Moment da sich die Gelenksenden auseinander bewegen, reicht die Synovialflüssigkeit nicht aus, um die Lücke zu füllen, ein Hohlraum entsteht - und dieser Vorgang wird von einem Knacklaut begleitet", erklärt Kawchuk. Freilich ging es den Forschern nicht allein um das Geräusch. Als Rehabilitationsmediziner wollte Kawchuk auch schauen, ob Fingerknacken den Gelenken auf Dauer schadet. Dem scheint nicht so zu sein - im Gegenteil, meint Kawchuk: "Die Fähigkeit, seine Gelenke knacken zu lassen, könnte sogar ein Zeichen von gesunden Gelenken sein." (tberg, DER STANDARD, 16.4.2015)