Vorstandsvorsitzender Martin Winterkorn und Aufsichtsratsvorsitzender Ferdinand Piech (rechts) auf der Hauptversammlung der Volkswagen AG im Jahr 2012.

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Hamburg/Salzburg - Im Machtkampf bei VW zwischen Firmenpatriarch Ferdinand Piech und Konzernchef Martin Winterkorn droht eine Zitterpartie. Zwar suchten wichtige Aufsichtsräte am Donnerstag im kleinen Kreis einen Ausweg aus der Krise. Nach einem Gespräch am Sitz von Piech in Salzburg bleiben mögliche Ergebnisse aber weiter im Dunkeln. Es werde am Donnerstag keine Mitteilung zu dem Thema mehr geben, sagte ein VW-Sprecher der Nachrichtenagentur Reuters am Abend. Eine mit den Beratungen vertraute Person bestätigte lediglich, dass das Krisentreffen zu Ende gegangen sei. Piech hatte Winterkorn vergangene Woche überraschend das Vertrauen entzogen.

Der bei VW einflussreiche Betriebsrat und das Land Niedersachsen als zweitgrößter Aktionär hatten sich darauf hinter den erfolgreichen Konzernboss gestellt. Das ebenfalls an VW beteiligte Emirat Katar hatte sich skeptisch über den Verbleib von Winterkorn an der Konzernspitze geäußert. Der Staatsfonds des erdölreichen Landes machte sein Verhalten einem Medienbericht zufolge davon abhängig, wen Piech als neuen Vorstandschef und als seinen Nachfolger an der Spitze des Aufsichtsrats präsentiert.

Das Londoner Analysehaus Evercore ISI ermittelte bei einer Blitzumfrage unter mehr als 50 Anlegern, dass 80 Prozent von ihnen einen Chefwechsel bei VW als positiv für die Aktie des größten europäischen Autokonzerns einschätzen. Drei von vier Befragten nannten Porsche-Chef Matthias Müller als bevorzugten Kandidaten. Die große Mehrheit habe sich für ein schnelles Ende der Krise ausgesprochen, rechnen aber mit einem monatelangen schädlichen Hickhack bei Volkswagen.

Marktanalyst Heiko Ruland erwartet einer Übergangslösung. So könne Müller oder VW-Finanzchef Hans Dieter Pötsch für zwei Jahre den VW-Vorstandsvorsitz übernehmen, während sich die Neuzugänge im Vorstand Herbert Diess und Andreas Renschler für den Chefposten bewähren könnten.

Die Diskussion über die künftige Spitze von Volkswagen schwelt schon länger wegen des fortgeschrittenen Alters der beiden Hauptakteure. Porsche-Enkel Piech wird am Freitag 78 Jahre alt und ist noch bis 2017 gewählt. Der Vertrag des 67-jährigen Winterkorn wäre Ende 2016 ausgelaufen. Winterkorn hatte zunächst mit einer Verlängerung seiner Amtszeit um ein, zwei Jahre geliebäugelt, um Piech danach an der Spitze des Aufsichtsrats abzulösen. Ein Nachfolger für Winterkorn in der Unternehmensführung war bisher nicht in Sicht, galt der promovierte Metallkundler doch als unersetzlich. Unter seiner Ägide hat Volkswagen seine Auslieferungen auf mehr als zehn Millionen Fahrzeuge gesteigert und steht kurz davor, Toyota als Weltmarktführer abzulösen.

In dem weltumspannenden Autoreich mit mehr als 100 Fahrzeugwerken und beinahe 600.000 Beschäftigten haben sich allerdings in letzter Zeit Probleme angehäuft - so schwächelt beispielsweise die Rendite der Hauptmarke VW, was Piech schon länger ein Dorn im Auge ist. Der Chefkontrolleur ist Insidern zufolge zudem über lahmende Geschäft in den USA erbost, wo die Wolfsburger mangels attraktiver Modelle mit schrumpfenden Verkaufszahlen kämpfen. (APA, 16.4.2015)