Beim Wort "Zeitarbeit" denken viele gleich an negatives. Das mit der Wirtschaftskrise in Verbindung stehende Arbeitszeitmodell war für viele Arbeitnehmer nur ein notwendiges Übel - ein Kompromiss zur Arbeitslosigkeit. In einer quantitativen Untersuchung zur Einstellung der Bevölkerung zur Zeitarbeit der Wirtschaftskammer Wien erwarteten 2012 sechs von zehn Befragten, dass Zeitarbeitern in den Unternehmen ein geringerer Stellenwert zukommt als Fixangestellten.

Zeitarbeit als Vorteil

Eine aktuelle Umfrage des Personaldienstleisters Robert Half ergab nun, dass die negativen Konnotationen aber Mythen sind: Knapp die Hälfte der 100 befragten HR-Manager in Österreich gab an, Bewerber mit Zeitarbeitserfahrung als gleichwertig mit jenen zu sehen, die sich aus einer Festanstellung heraus bewerben. Fast genauso viele (41 Prozent) sehen in der Zeitarbeitserfahrung sogar einen Vorteil, besonders wenn damit Branchenkenntnisse oder zur Stellenausschreibung passende Kompetenzen erworben wurden (29 Prozent). Zwölf Prozent sind der Meinung, dass dies die Flexibilität eines Bewerbers zum Ausdruck bringe. Nur acht Prozent der HR-Verantwortlichen sehen temporäre Einsätze als Nachteil und vermuten, dass es dem Bewerber nicht gelingt, eine Festanstellung zu finden.

Zeitarbeit "attraktive Karriereoption"

"Der Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert", sagt Sven Hennige, Senior Managing Director Central Europe & The Netherlands bei Robert Half. "Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise wurde Zeitarbeit von vielen Unternehmen aus Kosten- und Flexibilitätsgründen eingesetzt. Mittlerweile finden wir einen Arbeitnehmermarkt vor, gekennzeichnet durch eine niedrige Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel. Viele Unternehmen nutzen temporär beschäftigte Experten nun, um Schlüsselpositionen bei einzelnen Projekten besetzen zu können." Für Kandidaten werde Zeitarbeit mehr und mehr zu einer attraktiven Karriereoption.

Die positiven Reaktionen der Personalverantwortlichen gegenüber temporären Mitarbeitern zeigen sich auch beim Ausblick in die Zukunft. 80 Prozent der HR-Manager denken, dass sich der traditionelle Arbeitsplatz dahingehend entwickeln wird, dass Zeitarbeiter und Interim-Beschäftigte neben Festangestellten eine größere Rolle in Unternehmen spielen werden. Hauptgründe dafür seien Kosteneffizienz und der gestiegene Bedarf für mehr Ressourcenflexibilität, heißt es bei Robert Half.

Aus den Ergebnissen der Umfrage leitet das Unternehmen fünf Mythen der Zeitarbeit ab:

1. Zeitarbeit betrifft nur Jobs, für die der Bewerber keine speziellen Fachkenntnisse benötigt

Auf Grund des Fachkräftemangels steige die Bedeutung und das Ansehen von Zeitarbeit an, heißt es in der Robert Half Umfrage. "Gefragt ist Zeitarbeit vom Sachbearbeiter Buchhaltung bis zum Controller, vom Helpdesk-Mitarbeiter bis zum Systemadministrator."

2. Zeitarbeiter haben schlechtere Aussichten auf eine unbefristete Stelle

Zeitarbeit könne den Sprung in eine unbefristete Stelle erleichtern, wenn Unternehmen, Bewerber und die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens gut zueinander passen - der so genannte "Klebeeffekt". Das Institut der deutschen Wirtschaft fand etwa heraus, dass 14 Prozent der Zeitarbeiter in die Stammbelegschaft übernommen werden - andere Studien würden Werte über 40 Prozent für Deutschland anführen.

3. Zeitarbeit ist ein unsicheres Arbeitsverhältnis

Eine Zuschreibung, die wohl in besonders vielen Köpfen steckt. Laut Robert Half aber Mythos: Viele spezialisierte Zeitarbeitsfirmen bieten den Zeitarbeitskräften unbefristete Arbeitsverträge an – nur die Projekte unterliegen einer Befristung.

4. Zeitarbeit macht sich negativ im Lebenslauf

Die oben erwähnten Ergebnisse führt der Personaldienstleister hier als Gegenpol dar. Zeitarbeit habe sich in den vergangenen Jahren deutlich geändert - vorübergehende und anspruchsvolle Projekte würden eine größere Rolle als früher spielen.

5. Zeitarbeit verbessert nicht die fachlichen Fähigkeiten

Das Mehr an Flexibilität zahle sich positiv für die fachliche und die persönliche Weiterentwicklung aus und sei ein wichtiger Grund für das bessere Image von Zeitarbeit. Auch diesen Mythos würden die Antworten der Umfrage entkräften.

In Österreich dürften die Ergebnisse der Umfrage aber auf eine große Gruppe nicht zutreffen: Rund ein Drittel der Zeitarbeiter sind Hilfskräfte, die vor allem in Bau, der Industrie und im Tourismus tätig sind und von mehr als 1000 Zeitarbeitsfimen vertreten werden. (red, derStandard.at, 20.4.2015)