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Die EU will den digitalen Binnenmarkt neu aufstellen.

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Die EU-Kommission arbeitet an einer neuen Strategie für den digitalen Binnenmarkt. Damit sollen unter anderem der grenzüberschreitenden Online-Handel, der länderübergreifende Zugang zu Online-Diensten und Urheberrecht geregelt werden. Die neu gestartete Plattform Politico.eu ist nun in den Besitz zweier Dokumente gelangt, die einen näheren Einblick in die Pläne der Kommission geben.

Geoblocking und Urheberrecht

Die Seite hat die beiden Dokumentenentwürfe "Digital Single Market Evidence" und "Digital Single Market Strategy" veröffentlicht. Daraus geht beispielsweise hervor, dass die Industrie beim Kauf sowie Zugriff auf Online-Dienste Ländersperren aufheben sollen. Im Gegenzug wolle die Kommission stärker gegen Urheberrechtsverletzungen im großen Stil vorgehen. Maßnahmen zum Entfernen illegaler Online-Inhalte sollen EU-weit harmonisiert werden.

So könnten Internet Services Provider oder Suchmaschinen und soziale Netzwerke dazu gedrängt werden, stärker gegen die Verbreitung illegaler Inhalte vorzugehen. Politico weist darauf hin, dass in dem Strategiepapier bei den Beispielen zu illegalem Content Kinderpornografie, Terrorismus und Urheberrechtsverletzungen zusammengeworfen werden. Das würde ebenfalls auf eine schärfere Verfolgung von Urheberrechtdelikten hinweisen.

WhatsApp und Co regulieren

Im Telekommarkt fasst die Kommission offenbar eine Regulierung sogenannter "over-the-top-services" ins Auge– darunter fallen etwa VoIP-Anrufe und Messaging-Dienste wie WhatsApp. Diese Dienste würden klassische Telefonie und SMS zurückdrängen, jedoch nicht unter dieselbe Regulierung fallen, heißt es im Strategiepapier. Das dürfte ganz im Sinn der Telekomunternehmen sein. Sie beklagen seit langem, dass ihnen durch das Wachstum von Messaging-Diensten die Einnahmen mit SMS wegbrechen, sie gleichzeitig aber zu wenig Unterstützung beim Ausbau der für Datendienste nötigen Infrastruktur erhalten.

Die Verordnung, dass Website-Betreiber in der EU das Einverständnis der Nutzer für Cookies einholen muss, könnte hingegen wieder fallen. Ebenso will die Kommission bei der neuen Mehrwertsteuer-Verordnung für digitale Güter wieder zurückrudern, die kleinen Anbietern mehr geschadet als genutzt habe.

Gegen nationales Routing

Daneben ist im Strategiepapier die Rede von einer "Free flow of data"-Initiative, die Einschränkungen der Mitgliedsstaaten unter anderem bei der Speicherung von Daten in Europa aufbrechen soll. So heißt es, dass "technische und rechtlichen Hürden" entfernt werden sollen, die "derzeit den freien Datenfluss in der EU" behindern. Die Deutsche Telekom etwa ist mit dem Vorschlag vorgeprescht, nationalen Internet-Traffic nicht mehr über das Ausland zu routen. Derartige Maßnahmen müssten mit der neuen Kommissions-Strategie verworfen werden.

Interne Kritik

Die Strategie wird nun in den jeweils zuständigen Bereichen diskutiert und soll laut Politico am 6. Mai veröffentlicht werden. Allerdings gibt es gegen die maßgeblich von Andrus Ansip, EU-Kommissar für den Digitalen Binnenmarkt, getriebenen Pläne heftigen Gegenwind. Das spiegelt sich unter anderem auch in den Anmerkungen und Kommentaren wider, die Kommissionsmitglieder in den Dokumenten angefügt haben.

Während Ansip beispielsweise für die Abschaffung des Geoblockings plädiert, stellt sich EU-Digitalkommissar Günther Oettinger dagegen. Ansip habe laut Politico versucht, die Gegenstimmen zu minimieren, indem er den Mitgliedern der Kommission die nur für ihre Bereiche relevanten Kapitel des Stategiepapiers vorgelegt habe. Bis die Strategie umgesetzt wird, dürften noch einige Jahre vergehen. (br, 21.4.2015)