Wien - Viele Biowissenschafter glauben seit Jahren an die Existenz von molekularen Flößen (Rafts), die etwa als Transporter über die Zelloberfläche gleiten. Beobachtet werden konnte dieses Phänomen jedoch noch nie, alle Hinweise darauf stammen von Modellen und toten Zellen. Nun zeigten Wiener Forscher mit einer Arbeit im Fachjournal "Nature Communications", dass es bei lebenden Zellen solche Flöße gar nicht gibt.

Die Hypothese, dass es Rafts aus Eiweißstoffen und Fettmolekülen gäbe, die sich als Nano-Flöße über die Oberfläche der Zelle bewegen, sei erstmals 1997 aufgestellt worden und gelte seit Jahren als akzeptiert, so die Forscher um Eva Sevcsik und Gerhard Schütz vom Institut für Angewandte Physik der Technischen Universität (TU) Wien. Mittlerweile würden sie mit einer Vielzahl an zellulären Prozessen in Verbindung gebracht, obwohl sich Rafts noch nie in einer lebenden Zelle beobachten ließen, erklärten sie.

Weit und breit keine Rafts

Die TU-Forscher brachten mit Kollegen aus Wels und Göttingen menschliche Zellen dazu, einen Eiweißstoff (mGFP-GPI) herzustellen, der in der Zellmembran verankert ist und laut Raft-Theorie Bestandteil solcher Flöße ist. Diese Zellen wurden so auf Glasplättchen mit Antikörpern platziert, dass die Antikörper das mGFP-GPI punktweise auf der Zellmembran fixierten. "Wir haben angenommen, dass sich dort Rafts anreichern oder sich überhaupt ein großes Raft bilden würde", sagte Sevcsik. Doch es geschah weder noch.

An diesen Stellen waren nämlich keine anderen der mutmaßlichen Raft-Bestandteile wie der Eiweißstoff CD59 zu finden, so die Forscher. "Wenn sich dort ein Raft aufgebaut hätte, dann hätte an solchen Stellen auch die Packungsdichte der Membran höher und ihre Viskosität niedriger sein müssen", erklärte Sevcsik, denn so sei ein Raft laut Theorie definiert. "Aber auch das haben wir nicht beobachten können", sagte sie.

Die im Experiment fest verankerten mGFP-GPI Eiweißstoffe seien bloß wechselwirkungslose Strömungshindernisse für die anderen Membranbestandteile gewesen, schrieben die Forscher. Sie glichen also eher statischen Bojen als dynamischen Flößen. (APA/red, derStandard.at, 21.4.2015)