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Die Vorarlberger Ärztekammer geht davon aus, dass mindestens 40 Ärzte im Land fehlen

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Dornbirn - Die Arbeitszeitregelung für Ärztinnen und Ärzte ist in Vorarlberg noch provisorisch. Mit einer Enquete machte die Ärztekammer am Mittwochabend auf Dienstgeber und Politik Druck, eine endgültige Lösung zu finden.

Ab 2021 wird die 48-Stunden-Woche für Ärztinnen und Ärzte Pflicht. Bis dahin können die Spitalserhalter mit Opt-out-Lösungen Personalmangel verhindern. In Vorarlberg hätten besonders viele Ärztinnen und Ärzte dem Opt-out, also dem alten Arbeitszeitmodell von 60 Wochenstunden, zugestimmt, argumentiert die Ärztekammer. "Wir haben damit Ruhe ins System gebracht", sagt Hermann Blaßnig, Kurienobmann der angestellten Ärzte. Nur: Opt-out ist eine Übergangslösung bis 1. Jänner 2016, dann möchten auch die Vorarlberger Spitalsärztinnen und -ärzte klare Arbeitszeitregelungen.

Ein Umstand, der Politik und Spitalserhalter zum Handeln zwingt. Denn es fehlen mindestens 40 Ärzte. Bis 2025 wird sich die Situation weiter verschärfen, weil die Babyboomer-Generation ins Pensionsalter kommt. 300 Ärzte werden in den nächsten zehn Jahren 65 Jahre alt, errechnete die Kammer. Nachwuchs sei im Bundesland schwer zu finden, derzeit kommt nur jeder fünfte Turnusarzt aus Vorarlberg.

Viele Fragen, wenig Antworten

Die großen Fragezeichen bei der Enquete: Wo findet man Personal für die 48-Stunden-Woche? Wie lässt sich Abwanderung in andere Bundesländer und in die benachbarte Schweiz verhindern? Wie kommt man zu attraktiveren Gehältern für die Ärztegeneration 50 plus?

Die Vorarlberger Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) sieht sich mit der Gehaltsreform von 2013 als bundesweite Vorreiterin. Man habe durch das "moderne und leistungsorientierte Gehaltssystem" - es bietet höhere Gehälter zu Beginn der Berufslaufbahn und fixe Zulagen - den Mangel an Turnusärztinnen und -ärzten beheben können, sagt KHBG-Geschäftsführer Gerald Fleisch. Der Beruf Spitalsarzt wurde durch die Einführung von Karrierestufen attraktiver, Arbeitsbedingungen wurden durch zusätzlich 250 Dienstposten und Unterstützung durch Dokumentationsassistentinnen verbessert, zählte Fleisch die Verbesserungen in Vorarlberger Spitälern auf.

Wettbewerb der Länder

Den Vorsprung hätten die anderen Bundesländern nun durch endgültige Arbeitszeitregelungen wettgemacht, argumentiert die Ärztekammer. Hermann Blaßnig fürchtet um die Wettbewerbsfähigkeit der Vorarlberger Spitäler. "Die Politik muss sich mehr ins Zeug legen." Beispielsweise, um Arbeitsverdichtung, die zwangsläufige Folge der verkürzten Arbeitszeit, zu verhindern. Auch gegen überfüllte Ambulanzen habe die Politik noch keine Lösungen gefunden.

Jungärzte bemängelten in der Diskussion die immer noch fehlende Kommunikation zwischen niedergelassenen Ärzten und Spitälern. Ältere Ärzte befürchteten Gehaltseinbußen durch kürzere Arbeitszeiten.

Für Gesundheitslandesrat Christian Bernhard (VP) hat die Entlastung der Ambulanzen und damit der Ärztinnen und Ärzte "weiter oberste Priorität". Sollten ältere Ärzte durch das neue Gehaltsschema benachteiligt werden, müsse man nachjustieren. Geschäftsführer Gerald Fleisch verstand die Kritik der Ärztekammer nicht ganz. Er verwies auf die Projektgruppe, die neue Arbeitszeitmodelle erarbeitet habe, "unter Mitwirkung der Ärztekammer". Diese Vorschläge müssten nun diskutiert und verhandelt werden.

Steiermark lässt sich Ärzte was kosten

Die Ärztekammer sieht die Steiermark als Vorbild. Dort habe man in raschen und konstruktiven Gesprächen Lösungen gefunden. Die haben die Steirer aber einiges gekostet, wie Kurienobmann Martin Wehrschütz berichtete: 34 Millionen Euro für die Anhebung der Grundgehälter um rund 40 Prozent und den Ausgleich für Arbeitszeitkürzung. Die notwendigen 109 zusätzlichen Dienstposten sind in dieser Rechnung nicht inkludiert. (Jutta Berger, derStandard.at, 23.4.2015)