Ein Qualitätskompass also. Auf dass er ihnen den Weg aus dem Regierungsversprechen zeige, das uns noch einen bundesweiten Qualitätsrahmen bis 2016 versprochen hat. Familienministerin Sophie Karmasin zeigt Talent im Finden von schicken Namen für inhaltliches Nichts. Dass sie jetzt ein Jahr lang darüber diskutieren lassen will, was "der Kindergarten der Zukunft" können soll, ist Hohn für all jene, die im Hier und Heute im – immerhin: neuerdings Bildungseinrichtung genannten – Kindergarten zumindest ihre Vormittagsstunden verbringen.

Viel mehr ist vielerorts nämlich nicht möglich – weil zu Mittag schon wieder Abholzeit ist. Weil der Kindergarten der Gegenwart alles andere als perfekt ist – positive Beispiele, die es auch gibt, ausgenommen. Wer den Kompass heute zur Hand nimmt, sieht: Es gibt zu wenige und vor allem wirklich empathische und gleichzeitig auf hohem theoretischem Niveau ausgebildete Pädagoginnen. Ja, die Hand fürs Kind reicht nicht. Die ist die Voraussetzung. Ja, es arbeiten mehrheitlich Frauen in dem Beruf. Das hat pädagogische Auswirkungen. Mit 450.000 Euro Werbebudget, um Männer zu gewinnen, wird sich das nicht ändern.

Was es braucht: Kinder, die inspiriert werden; fähige Pädagogen, die Zeit haben dafür; Qualität, auf die sich Eltern verlassen können. Kürzlich versäumte Gelegenheit: als es ums Geldverteilen an die Länder ging. Den Kompass gibt es. Karmasin braucht ehrlicherweise einen Ferngucker. (Karin Riss, DER STANDARD, 25.4.2015)