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Ein "Zocker" unter Kollegen.

Foto: AP/Sulzics

"Es war eine sehr kritische Diskussion, und sie zeigte, dass man sich rund um den Tisch einig war, dass die Dringlichkeit sehr hoch ist." So beschrieb Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am Freitag nach einer Sitzung der Eurofinanzminister den Verlauf der Aussprache mit deren griechischem Kollegen Yiannis Varoufakis in Riga. Es habe auf Expertenebene über die nötigen Reformen für einen erfolgreichen Abschluss des zweiten Eurohilfsprogramms zwar "kleine Fortschritte" gegeben, von einer Lösung, einem "umfassenden Programm" sei man jedoch weit entfernt. Laut Dijsselbloem wären "signifikante Fortschritte" nötig, damit die prekäre Lage Griechenlands mit neuen Milliardenkrediten überwunden werden kann.

Eine "Zwischenlösung" noch vor dem Sommer, bei der ein Teil der Gelder ausgeschüttet würde, schloss er kategorisch aus. Hinter diesen diplomatisch fein gedrechselten Worten verbarg sich freilich eine gefährlich negative Stimmung, die sich gegen die Regierung in Athen auf Ministerebene und auch in EU-Institutionen zusammenbraut. EVP-Fraktionschef Manfred Weber hatte im Standard-Interview bestätigt, dass über einen "Grexit", das Ausscheiden aus dem Euro, "ernsthafter" als bisher nachgedacht werde. In Riga hieß es, Varoufakis sei von seinen Kollegen in offener Runde heftig - zum Teil sehr persönlich - attackiert worden. Er sei ein "Zocker", der die Zukunft seines Landes aufs Spiel setze, man habe unnötig viel Zeit verloren, berichtete Bloomberg. In der Eurogruppe liegen die Nerven blank. Laut Dijsselbloem sei man sich einig, dass die Ende Februar getroffene Vereinbarung mit Varoufakis umzusetzen sei.

Die griechische Regierung wehrt sich aber gegen bestimmte Strukturreformen, will großzügige Sozialgesetze umsetzen für Hilfen, die sie den Bürgern im Wahlkampf versprochen hat. Die Eurominister pochen darauf, dass dies gegenfinanziert werden müsse, sonst könnten Kredite von 7,2 Milliarden Euro nicht fließen.

Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling sagte, "ich bin schon einigermaßen genervt". Wie berichtet, wird Athen die vereinbarte Frist für eine Lösung bis Ende April versäumen. Die Eurogruppe trifft sich wieder am 11. Mai, Schelling hofft, dass Athen bis dahin einlenke und ein von den Experten der Geldgeber, der Troika, begutachtetes Programm auch politisch bestätigt werden könne. Die persönlichen Attacken auf Varoufakis wollte er nicht bestätigen. Alle Minister hätten diesem in der vertraulichen Sitzung aber unmissverständlich klargemacht: "So nicht mehr." Varoufakis halte politische Reden, aber es fehlten die "Zahlen, Daten und Fakten" für seine Pläne in ihrer Gesamtheit. Der Finanzminister bestätigte, dass auch er für eine Zustimmung in den Nationalrat gehen müsste, sollte das Hilfsprogramm für Athen sich "gravierend" ändern.

Varoufakis sagte vor Journalisten, er fühle sich missverstanden, er wolle über Politik reden, die anderen aber ständig nur über Zahlen. (Thomas Mayer aus Riga, DER STANDARD, 24.4.2015)