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Athen müsste in nur wenigen Wochen komplett umsetzen, was in zwei Monaten nicht gelungen ist.

Foto: Reuters/Kostas Tsironis

Riga - Nach dem Scheitern der geplanten Verabschiedung eines reformierten Eurohilfsprogramms für Griechenland laufen in der Zentralbank (EZB), den EU-Institutionen und Hauptstädten der Eurostaaten konkrete Vorbereitungen für den Fall einer plötzlichen Zahlungsunfähigkeit des Landes an.

Beim Treffen der Eurogruppe in Riga am Wochenende wurde die Existenz eines "Plan B" - des Ausscheidens aus dem Euro - von niemandem offiziell bestätigt. Mehrere Delegationen gaben jedoch Hinweise, man rechne zumindest mit einer Pleite des Landes innerhalb der Währungsunion, wenn die Regierung in Athen etwa Gehälter und Pensionen nicht mehr zahlen oder Kredite nicht bedienen könne. Einen Plan B hatte der slowenische Finanzminister Dusan Mramor in einer geheimen Sitzung angesprochen, unter Protest des Griechen Yiannis Varoufakis.

Dieser wurde von seinen Kollegen scharf kritisiert, weil er bisher keine entscheidungsreifen Pläne vorgelegt habe. Laut Finanzminister Hans Jörg Schelling nehme man "keine Rücksicht mehr auf diplomatische Floskeln". Die Vereinbarung von Februar, dass das Hilfsprogramm bis Ende April abgeschlossen wird und die in Athen dringend benötigten 7,2 Milliarden Euro an Krediten ausgezahlt werden können, wird nicht mehr zu halten sein. Ende Juni läuft das Programm dann definitiv aus.

Athen müsste nun in nur wenigen Wochen komplett umsetzen, was in zwei Monaten nicht gelungen ist. Mehrere Minister zweifelten dies in Riga in vertraulichen Gesprächen stark an. Am 11. Mai trifft sich die Eurogruppe erneut.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble bestätigte indirekt, dass mit dem Ausfall gerechnet werde. Zum Abschluss von Journalisten gefragt, ob er einen Plan B für eine geordnete Insolvenz habe, zog er eine Linie zu den Turbulenzen bei der deutschen Wiedervereinigung. Diese habe man natürlich lange vorbereitet, aber hätte man das öffentlich gemacht, "dann hätten viele gesagt: Die Deutschen sind verrückt geworden." Es gebe Fragen, "die man Verantwortlichen nicht stellen sollte", weil eine Antwort Panik auslösen könnte.

Unlösbares Dilemma

Man stehe da vor einem "unlösbaren Dilemma", so Schäuble. Wenn die deutsche Bundeskanzlerin sage, man tue alles, um die Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, dann sei das "völlig korrekt". Die Entscheidungen lägen aber in der Hand der griechischen Regierung, die einen souveränen Staat führe. Bundesbankchef Jens Weidmann bestätigte, "dass die Zeit knapp wird".

Die griechische Wochenzeitung To Vima berichtete am Sonntag, dass Varoufakis von Premier Alexis Tsipras abgelöst werden könnte, weil er das Vertrauen seiner Eurokollegen verloren habe. In einer Umfrage sprachen sich 72 Prozent der Griechen für den Verbleib im Euroraum aus. Tsipras' Syriza-Partei würde bei vorgezogenen Wahlen mit 36,9 Prozent Stimmenanteil klar gewinnen, die Konservativen nur 21 Prozent erreichen. (Thomas Mayer aus Riga, DER STANDARD, 27.4.2015)