Es ist nicht riskant, zum Start der Finanzausgleichsverhandlungen folgende Prognose zu stellen: Es wird zäh. Vor allem anderen will Finanzminister Hans Jörg Schelling nämlich eine Föderalismusreform erreichen, mit einer Neuordnung öffentlicher Aufgaben. Dass er sich damit in den Landeshauptmann-Büros keine Freunde machen wird, ist ebenso gefahrlos vorauszusagen. Wenn die Stimmung am Verhandlungstisch besonders bleiern wird, sollte Schelling daran denken, dass eine budgetäre Verschubmasse von 80 Milliarden Euro kein geringes Druckmittel ist. Für diesen gigantischen Betrag lohnte es sich durchaus, auch einmal ein paar radikale Ideen zu ventilieren.

Eine stammt aus dem Jahr 1997, und sie fiel dem damaligen steirischen Landesrat Gerhard Hirschmann ein. Er forderte damals nichts weniger als die Abschaffung der Bundesländer. Österreich solle künftig nur in drei Regionen aufgeteilt werden, kleine Gemeinden zusammengelegt werden. Der EU-Beitritt habe Doppelstrukturen erübrigt, sagte Hirschmann. Seine Parteifreunde in der ÖVP fanden die Idee damals maximal "originell". Dass Jahrzehnte später eine rot-schwarze Koalition in der Steiermark tatsächlich Gemeinden fusionieren würde, konnte sich damals niemand ernsthaft vorstellen. Dass sowohl rote als auch schwarze Bürgermeister dies, gegen die eigene Landesführung, boykottieren würden, wahrscheinlich schon.

Ein Impuls wie jener Hirschmanns wäre höchst an der Zeit. Niemand wagt, Strukturveränderungen radikal zu denken. SPÖ und ÖVP bleiben seit Jahrzehnten so tief in den gleichen, immer tiefer werdenden Fahrrinnen stecken, dass ihnen Stillstand als vernünftigste Option erscheint. Die Länder sollen hunderte Millionen Euro einsparen - aber außer empörter Ablehnung und Opposition gegen "die in Wien" ist wenig zu erwarten. Dass aus Wien mutige Reformimpulse kommen, ist auch eher unwahrscheinlich: Die Koalitionspartner starren seit Monaten schaudernd auf die Steiermark und fürchten sich vor dem, was passieren kann, wenn zwei etwas "Neues" versuchen.

Zwar wird von Wien bis Bregenz einhellig über zu viel Bürokratie und Umständlichkeit gestöhnt, aber Reformen, die einen selbst fordern (und die vielleicht auch ein bisserl wehtun), scheint dennoch keiner der politischen Akteure und Funktionäre zu wollen.

Ein Gedankenexperiment: Schaffte man statt der Länder großräumigere Regionen, stattete man dafür die Bezirke und Kommunen mit größeren Kompetenzen, entsprechend mehr Budget und auch teilweiser Steuerhoheit aus - was spräche dagegen?

In einigen skandinavischen Ländern liegt die Verantwortung für die Schulen, aber auch für Pflegebereich und soziale Infrastruktur bei den Kommunen. Das führt im besten Fall dazu, dass Bildungscluster entstehen, die Gemeinden um die besten Lehrer rittern und sich mit besonderen Angeboten um den Zuzug von Bürgern bemühen. So abwegig ist die Idee also nicht.

Nun stelle man sich vor, wer in Österreich aller etwas gegen dieses Modell haben könnte: die Landeshauptleute (weniger Macht, am Ende womöglich nicht einmal mehr ein "eigenes" ORF-Landesstudio!), die Gewerkschaft (weniger Verwaltungsbeamte, keine Landesschulinspektoren mehr etc.), und auch die Bürgermeister (selbst Steuern einzuheben kann ganz schön unpopulär sein). Noch Fragen? (Petra Stuiber, DER STANDARD, 28.4.2015)