Bild nicht mehr verfügbar.

Mustafa Ankici könnte für ein neues, besseres Verhältnis zwischen den Bewohnern beider Teile Zyperns sorgen.

Foto: Reuters/Kourtoglou

Politikern, die aus der Wüste kommen, traut man immer etwas mehr zu. Mustafa Akinci war 28, als er 1976 Bürgermeister von Lefkosa wurde, dem türkischen Teil von Zyperns Hauptstadt, und 53, als er 2001 im Streit über einen UN-Friedensplan und die Bevormundung durch die Türkei als Vizepremier eine Koalitionsregierung zu Fall brachte.

Dann war es lange ruhig um den freundlichen Herrn mit dem Schnauzer. Jetzt, im Alter von 67, ist Akinci als Außenseiter und ohne Partei zum neuen Präsidenten der türkischen Zyprioten gewählt worden.

Für die Nationalisten, die Hardliner und die türkische Regierung auf dem Festland gilt er als Wackelkandidat. Akinci wolle die riesige, auf den Hängen des Pentadaktylos-Gebirges aufgemalte Fahne der - international nicht anerkannten - Türkischen Republik Nordzypern wegnehmen, behaupteten seine Gegner während des Wahlkampfs; die weiße Fahne mit der roten Mondsichel ist im griechischen Teil sichtbar und ständige Erinnerung an die mehr als 40 Jahre andauernde Teilung der Insel.

"Tote Stadt" öffnen

Gewählt haben den Linkspolitiker am Ende aber mehr als 60 Prozent. Akinci schlug in der Stichwahl am vergangenen Sonntag deutlich den amtierenden konservativen Präsidenten Dervis Eroglu. Die Leute wollten einen Wechsel, stellten politische Beobachter im Inselnorden fest: Eroglu hatte in der ersten Runde drei Herausforderer, mit nur einem Viertel der Stimmen schleppte er sich in die letzte Runde.

Die Wahl des 1947 in Limassol geborenen Akinci ist im griechischen Teil Zyperns auch überwiegend mit großem Wohlwollen aufgenommen worden. "Praktische Schritte" kündigte Akinci an. Anders als Eroglu scheint er bereit, die "tote Stadt" Varosha, eine vom türkischen Militär abgesperrte Hotelstadt am Rand von Famagusta, für beide Gemeinschaften auf der Insel zu öffnen. Nikos Anastasiades, der zypriotische Präsident, könnte im Gegenzug das Wirtschaftsembargo lockern und internationale Flüge in den türkischen Norden erlauben.

Gemeinsames Abwassersystem

"Akinci war der Erste auf türkischer Seite, der mit den griechischen Zyprioten kooperierte", sagt der Politologe Christophoros Christophorou. Als Bürgermeister von Lefkosa hatte Akinci, ein Architekt, mit seinem griechischen Kollegen ein gemeinsames Abwassersystem für die geteilte Hauptstadt bauen lassen. 14 Jahre blieb er im Amt. Was die Türkei angeht, wolle er ein brüderliches Verhältnis, sagt Akinci heute, nicht das von Mutter und Tochter. (Markus Bernath, DER STANDARD, 28.4.2015)