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Alexis Tsipras denkt über eine Volksabstimmung nach.

Foto: REUTERS/Alkis Konstantinidis

Richtige Revolutionäre, das weiß man aus Lateinamerika, werden erst vor Mitternacht richtig munter: Als Alexis Tsipras ins Fernsehstudio des privaten Senders Star TV geht, ist es kurz vor halb zwölf. Um halb drei Uhr morgens am Dienstag hat Griechenlands Regierungschef dann die meisten Fragen aus dem Publikum beantwortet. Jeroen Dijsselbloem, der Chef der Eurogruppe, hat sein Fett abbekommen, ebenso wie Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank. Und die Griechen gehen mit der Aussicht auf eine Volksabstimmung über eine mögliche Vereinbarung mit den Kreditgebern schlafen.

Tsipras optimistisch

Tsipras zeigte sich in der nächtlichen Interviewsendung wie immer optimistisch über eine Lösung der Geldfrage in den nächsten zwei Wochen. Der griechische Premier sei Eurogruppe, EZB und Internationalem Währungsfonds auch entgegengekommen, in dem er am Montag das griechische Verhandlungsteam neu aufstellte und seinen in Brüssel und Frankfurt so umstrittenen Finanzminister Yiannis Varoufakis aus der Schusslinie genommen habe, sagten politische Beobachter in Athen. Doch in der Sache bleibt der linke Regierungschef weitgehend fest. Sollte es - was er allerdings nicht erwarte - am Ende ein Abkommen mit den Kreditgebern geben, das die Grenzen des Mandats der Regierung überschreite, so sagte Tsipras, dann werde das griechische Volk das letzte Wort haben.

Die Verfassung sieht die Möglichkeit eines Referendums in "entscheidenden nationalen Angelegenheiten" vor oder auch über ein einzelnes Gesetz, das allerdings keine steuerpolitische Änderung zum Gegenstand haben darf. Zuvor müsste noch das Parlament mehrheitlich einem Referendum zustimmen.

Wort nicht gehalten

Tsipras warf in der Fernsehrunde aber auch dem niederländischen Finanzminister Dijsselbloem ebenso wie EZB-Chef Draghi Wortbruch vor. Griechenland sei getäuscht worden, sagte der Premier. Ihm selbst und Varoufakis sei nach der ersten Einigung in der Eurogruppe am 20. Februar zugesichert worden, dass die EZB ihre Entscheidung rückgängig macht und wieder griechische Staatsanleihen als Sicherheiten anerkennt. Die griechischen Banken, die diese Anleihen kaufen, konnten sich auf diese Weise bisher mit billigem Geld bei der EZB versorgen. Das ist mittlerweile vorbei. Die Liquidität der Athener Banken wird nur noch durch teure Notfallkredite der EZB gesichert, deren Höhe im Gouverneursrat in Frankfurt regelmäßig neu festgelegt wird. Wegen dieser Unsicherheiten hält der Abfluss von Geldeinlagen in Griechenland an. Die Einführung von Kapitalkontrollen wird mittlerweile vor dem Beginn jedes Wochenendes befürchtet.

Immobiliensteuer bleibt

Nicht nachgeben will die griechische Links-rechts-Koalition bei der Forderung der Kreditgeber nach einer weiteren Deregulierung des Arbeitsmarktes. Auch auf dem Ziel der Wiederherstellung der Flächentarifverhandlungen besteht sie. Weitere Einschnitte bei den Pensionen und volle Mehrwertsteuersätze auf den griechischen Inseln, die ein höheres Preisniveau wegen ihrer geografischen Lage haben, sind für die Regierung im Prinzip nicht annehmbar. Aufgegeben hat Tsipras aber sein Wahlversprechen vom Ende der unpopulären Einheitsgrundsteuer, die 2014 eingeführt wurde.

Erst wenn Griechenland einen Haushaltsüberschuss von 1,2 Prozent erwirtschafte und mit Aussicht auf eine Steigerung, könne die Steuer auf Land und Immobilien neu untersucht werden, sagte der Premier nun. Griechenland hatte 2014 nur 0,3 Prozent Plus erreicht, dieses Jahr könnte es allenfalls zu 0,5 Prozent reichen. Donnerstag soll ein Gesetzespaket zu den Finanzreformen ins Kabinett kommen. (Markus Bernath aus Athen, DER STANDARD, 29.4.2015)