Nicht nur bei den Kindern beliebt: Emir Dilaver.

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Kann sich sehen lassen: die Groupama Aréna von Ferencváros.

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Im Dress der Wiener Austria feierte Dilaver seine größten Erfolge.

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Kleiner Schmähbruder.

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Stimmungsvolles Budapester Derby: Ferencváros schlägt Ujpest mit 2:0.

mfgringo

Wien/Budapest – Verlässlichkeit, dein Name ist Emir Dilaver. 25 Runden sind in der ungarischen Liga absolviert, der Österreicher war bis auf eine Ausnahme stets über die volle Länge im Einsatz. Nur im Budapester Stadtderby gegen Újpest FC musste er frühzeitig vom Platz, sein Gehirn wurde bei einem unglücklichen Kopfballduell "ordentlich durchgeschüttelt". Ferencváros gewann trotzdem mit 2:0, mehr als 21.000 Fans waren gekommen, um ihre Mannschaft siegen zu sehen. Die heimische Groupama Aréna spielt alle Stückln, das Stadion wurde im Sommer 2014 eröffnet, eben damals stieß der 23-jährige Verteidiger von der Wiener Austria zum ungarischen Rekordmeister. Und er fühlt sich, früher undenkbar, in Grün-Weiß pudelwohl.

Monate ohne Niederlage

"Der Trainer ist mit mir sehr zufrieden", sagt Dilaver. Thomas Doll, einst beim Hamburger SV und Borussia Dortmund tätig, sei ein gesprächiger Mensch. "Er redet viel mit den Spielern, schenkt uns Vertrauen, ähnlich wie Peter Stöger, jeder kennt seine Aufgaben." Der Deutsche hält die Mannschaft bei Laune, die Ergebnisse sprechen für sich. An die letzte Niederlage kann sich Dilaver nicht mehr im Detail erinnern, "es muss im September oder Oktober gewesen sein". Es geschah Anfang Oktober, seither läuft das Werkl wie geschmiert. Dass Ferencváros trotzdem nicht Meister wird, liegt am Videoton FC, die Mannschaft aus Székesfehérvár hat in dieser Saison erst ein Spiel verloren und hält bei elf Punkten Vorsprung.

Dilaver gibt den rechten Verteidiger, Doll hat ihm diese Position ohne Wenn und Aber anvertraut. "Ich bin froh, dass ich hier endlich auf einer fixen Position spielen kann." Nur so könne sich ein Fußballer entscheidend verbessern, Routine sei Trumpf. Bei der Austria hatte man vor allem seine Allround-Fähigkeiten geschätzt, Dilaver wurde je nach Bedarf zwischen defensivem Mittelfeld und rechter Verteidigung hin und her geschoben. Trotz Meistertitels und Champions League sei dies der spielerischen Entwicklung nicht zuträglich gewesen, "das sind ja komplett verschiedene Aufgaben". Erst jetzt könne er die ihm angestammte Position nach seinen Vorstellungen interpretieren: "Ich spiele sehr offensiv. Es macht richtig Spaß."

Gesteigerte Wertschätzung

Es ist die gesteigerte Wertschätzung, die Dilaver in Ungarn Freude bereitet: "Bei der Austria war ich immer der Junge, hier bin ich ein Schlüsselspieler. Ich bin aus mir herausgekommen." Den Schritt in die ungarische Liga habe er zu keinem Zeitpunkt bereut. Das Niveau unter den 16 Mannschaften sei zwar stark abfallend, Ferencváros könne sich aber mit jeder österreichischen Mannschaft messen. "Die Trainingsbedingungen sind hier optimal, es fehlt an nichts." Ungarns Fußball-Infrastruktur erfuhr zuletzt Verbesserungen, treibt aber auch seltsame Blüten. Eine davon ist die in Felcsút, dem Heimatdorf von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, errichtete Pancho Arena. Für 4.500 Zuseher wurde ein Prunkbau aus dem Boden gestampft, Kritiker sehen in der spektakulären Konstruktion vor allem die Verschwendung von Steuergeldern.

Die ungarische Sprache gibt Dilaver noch Rätsel auf, trotz Sprachbarriere sei Budapest eine lebenswerte Stadt. Vor zwei Monaten wurde der gebürtige Bosnier erstmals Vater, Balsam auf der einst geschundenen Seele. Als Kleinkind schickten ihn die Eltern nach Österreich, "als ich geboren wurde, rollten die ersten Panzer vorbei". Er wuchs mit seiner Tante in Wien auf und möchte "Österreich für nichts tauschen".

Dilavers Vertrag bei Ferencváros läuft bis 2017. Der ehemalige Nachwuchs-Nationalspieler möchte über kurz oder lang den Sprung in eine große Liga schaffen. Davon träume jeder Spieler, Trainer Doll spricht ihm die erforderlichen Qualitäten zu. Dilaver weiß sich einzuschätzen: "Mir fehlt von allem ein bisschen, ich muss an mir arbeiten, weniger träumen." (Philip Bauer, derStandard.at, 28.4.2015)