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Bei Forschern weckt Research Kit die Hoffnung auf eine Vergrößerung des DNA-Datenpools zur besseren Erforschung von Erbkrankheiten.

Im März hat Apple eine neue Plattform vorgestellt. "Research Kit", so der Name, soll das iPhone zu einem medizinischen Forschungstool umfunktionieren. Der Konzern arbeitet nun mit Wissenschaftern zusammen, um DNA-Tests über das iPhone vornehmen zu können. Das berichtete die "MIT Technology Review" unter Verweis auf Insider, die mit den Plänen vertraut sind.

Einen Beleg für das Potenzial von Research Kit hat bereits die App Mpower geliefert. Sie zeichnet Symptome auf, die der Parkinson-Erkrankung zugerechnet werden. Binnen kürzester Zeit fanden sich tausende Probanden für entsprechende Tests und Umfragen.

Begehrte Daten

Die DNA von Menschen ist zu begehrtem Datenmaterial geworden. Universitäten sammeln Proben, Google bietet cloudbasierte Speicher- und Analysewerkzeuge an, und auch die US-Regierung und private Labors versuchen große Datenbanken zu schaffen, um Krankheiten genetischen Ursprungs besser erforschen zu können.

Apple wird allerdings in zwei bereits geplanten Studien nicht selbst die Teilnehmer um ihre DNA bitten. Partner aus dem akademischen Umfeld werden dafür zuständig sein und die Informationen über die Cloud verwalten. Stoßen sie im Genom eines Users auf interessante Funde, könnten diese aber auch auf deren iPhones aufscheinen. Langfristig könnte das darauf hinauslaufen, dass die Nutzer die Informationen über ihr Erbgut einfach an Empfänger ihrer Wahl – etwa Organisatoren verschiedener Studien – weitergeben können.

Apps sollen in Vorbereitung sein

Zur Teilnahme an einer Untersuchung würden die Probanden einem entsprechenden DNA-Test zustimmen und eine Speichelprobe an ein mit Apple kooperierendes Labor schicken. Zwei solcher Einrichtungen sollen von der University of California betrieben werden.

Ob die Studien tatsächlich stattfinden, steht noch nicht fest. Apple soll entsprechende Apps bereits für seine Entwicklerkonferenz WWDC im Juni vorbereiten. Wie üblich kommentiert das Unternehmen die Berichte zu seinen Plänen nicht.

Research Kit könnte DNA-Pool massiv vergrößern

Einige Firmen bieten bereits online kostenpflichtige DNA-Tests und Analysen an. Ancestry.com und 23andme versuchen etwa durch den Abgleich von Erbgutinformationen ihrer Kunden Verwandtschaften und Stammbäume zu erarbeiten. Das Open Humans Project wiederum verfolgt ein ähnliches Konzept wie Research Kit. 23andme benötigte mehrere Jahre, um Proben von rund 900.000 Menschen zu erhalten, und besitzt damit eine der größten DNA-Datenbanken der Welt.

Apple hat alleine in den ersten drei Monaten des Jahres 60 Millionen iPhones verkauft. Research Kit könnte dazu beitragen, den Informationsschatz rapide wachsen zu lassen.

Neben der DNA können auch zahlreiche andere Daten erfasst werden. Die in iOS vorinstallierte App "Health" kann auch genutzt werden, um das eigene Gewicht oder die Aufnahme verschiedener Nährstoffe zu tracken, eine Hinterlegung von Erbgutinformationen ist hier noch nicht möglich. Apple arbeitet gemeinsam mit IBM auch an Anwendungen für den Krankenhauseinsatz und an neuen Analyseverfahren.

"Killer-App" gesucht

Der Genetiker Gholson Lyon, der nicht in Apples Pläne involviert ist, beurteilt die ersten Reaktionen auf Research Kit im März als "fantastisch". Allerdings ist er sich nicht sicher, ob derzeit bei Apple-Usern überhaupt großes Interesse an den eigenen DNA-Informationen besteht. Es fehlt seiner Ansicht nach an einer "Killer-App", die praktischen Nutzen aus den Erbgutinformationen zieht und nicht nur der Forschung hilft.

Vorstellbar wäre etwa ein Programm, das beim Erwerb eines Medikaments auf Basis der eigenen Daten vor möglichen problematischen Reaktionen warnt, oder eine App, die Berechnungen zur verwandtschaftlichen Nähe zu anderen Nutzern anstellen kann. "Sie brauchen Leute, die ihre DNA spenden", so Lyon. "Ein Ansporn wäre es, damit auf dem Telefon herumspielen zu können." (gpi, 6.5.2015)