Bei der Lese im Sausal wird die Seilwinde zum wichtigen Hilfsmittel: Die Weingärten weisen bis zu 90 Grad Gefälle auf.

Foto: Gerhard Josef Wohlmuth

Nirgends in Österreich reichen die Weingärten höher hinauf als im Sausal: auf beachtliche 650 Meter Seehöhe. Und nirgends sind die Hänge steiler: Bis zu 90 Prozent Gefälle bedeuten in der Praxis, dass Arbeiten nicht locker durch den Weingarten schreitend, sondern gesichert an einer Seilwinde hängend vonstattengehen. Der wesentliche Unterschied jedoch liegt im Boden: Im Gegensatz zur Südsteiermark mit ihren Schotter- und Kalkflächen dominiert hier Schiefer, der von einer kleinen Muschelkalk-Ader durchzogen wird.

Die Bedingungen für den Weinbau sind die eines sehr kühlen Anbaugebietes. Die Sonneneinstrahlung ist dank der Hangneigung dennoch stark, die Vegetationszeit lang, bis Ende Oktober, Anfang November. Schieferböden speichern die Wärme und haben ein natürliches Dränagesystem, weil das Wasser durch Stein und Verwitterungsmaterial rasch abläuft. In feuchten Jahrgängen wie 2014 ist das beruhigend, in trockenen Jahren kann es schwierig werden.

Feine Weine

Klimatisch treffen im Sausal Kühlendes von der nahen, gut 2000 Meter hohen Koralpe und gemäßigte Strömungen aus dem adriatischen Raum im Süden aufeinander. Aufgrund dieser Gegebenheiten unterscheidet sich der Weinstil hier von dem, was so gern mit steirischem Wein verbunden wird: Sausal-Weine sind zarter, feingliedriger, blumiger.

Während diese Unterschiedlichkeiten früher friedvoll im "Weinbaugebiet Südsteiermark" aufgingen, erstarkte mit einem Führungswechsel im lokalen Weinbauverband ein neues Selbstbewusstsein. Die Sausal-"Chefs", Gerhard Wohlmuth junior und Hannes Harkamp, die seit vielen Jahren alle und jeden mit den Unterschiedlichkeiten dieser nördlichen Ecke der Südsteiermark bekanntmachen, starteten die sogenannte "Sausal Revolution": 25 Weingüter aus diesem Gebiet präsentieren dabei ihren aktuellen Jahrgang.

Hierzulande laufende Diskussionen zu Herkunft, Riedenbenennung, Lagenabgrenzung bis hin zur Klassifikation von Weingärten bringen die Winzerschaft eben auf Ideen, sich mit der Verfeinerung dieser "Herkunft" zu befassen, während das offizielle Wein-Österreich Herkunft in Form von DAC in einem Weinmikrokosmos verbreiten muss, der seit den Nachkriegsjahren nur in Rebsorten und Alkoholgradationen denkt.

Keine Wachau-Kopie

An Rebsorten gibt es im Sausal natürlich viel Sauvignon Blanc, die steirische Rebsorte schlechthin. Doch vor allem Riesling ist ein Thema, weil er historisch bedeutend war und sein Stil hier besonders feingliedrig, klar und ausgeprägt mineralisch ist. "Wir wollen die Wachau nicht kopieren und ihr keine Konkurrenz machen", halten Harkamp und Kollegen dezidiert fest, "das würde auch nicht funktionieren, weil die Bedingungen hier einfach völlig anders sind." Weiß- und Grauburgunder sind im Sausal ebenfalls sehr verbreitet und haben aufgrund der Kalk-Schiefer-Böden und der "kühlen Situation" eine besondere Eleganz.

Die Idee, eine weitere Winzervereinigung zu gründen, eine Privatgruppe in einer Gruppe sozusagen, verwarfen die neuen Verbandsbosse, vielmehr holten sie lieber alle Sausaler Winzer ins Boot. Dass Betriebe jeglicher Ausrichtung und Philosophie im Sinne des Sausaler Weinstils kooperieren, ist erfreulich. Viele Youngsters, die in der letzten Zeit übernahmen, orientieren sich in Richtung Bio-Anbau oder sind bereits zertifiziert – trotz des vielen Regens, der früheren Generationen oft als Ausrede diente, dass "bio" hier nicht funktionieren könne.

Vereinzelt werden Betriebe auch neu gegründet, wie im Fall des Kåarriegel von Christof Heissenberger. Auf die Frage, warum ausgerechnet im Sausal, antwortet der junge Mann aus Graz etwas entgeistert: "Na, wenn Wein, dann hier – und nur hier!" (Luzia Schrampf, Rondo, 20.5.2015)