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Foto: APA/Georg Hochmuth

Pro
von Karl Fluch

Zugegeben, früher war es lustiger. Damals haben alle Teilnehmer den Song Contest noch so herrlich ernst genommen, aber dann kamen Spaßkasperln wie Guildo Horn oder Alf Poier.

Sie haben den Song Contest ruiniert, und mittlerweile weiß sogar die singende Trafikantin aus Bosnien-Herzegowina, dass es nicht um die Wurst geht, sondern letztlich wurst ist.

Das hat den Song-Contest-Partys ein wenig den Drive genommen, und das ist schade, wenn auch nur ein bisschen. Denn man muss eines bedenken: Wir Menschen sind schlecht. Richtige - na, Sie wissen schon. Schadenfreude macht uns Spaß, wir ergötzen uns daran, andere scheitern zu sehen.

Um diesen Wesenszug zu zelebrieren, eignet sich der Song Contest in seiner Elendskonzentration wie sonst nur österreichischer Fußball, wobei der mitunter Mitleid erregt, was auf einer Party nichts zu suchen hat.

Zudem ist der Song Contest kurzweiliger, eine Niederlage dauert nur drei, nicht mindestens 90 Minuten. Und dann kommt schon die nächste. Ha! Wir sehen uns in der Hölle.

Kontra
von Doris Priesching

Mit dem Song Contest ist es ein bisschen wie mit Silvester: Die Aufregung ist verordnet. Wir müssen mitfiebern, wir müssen laut sein, wir müssen lustig sein. Jeden halbwegs vernünftig denkenden Menschen müssen angesichts dieser geballten Spaßpflicht reflexartig Ohnmachtsanfälle ereilen. Danke, ich schau nur.

Und genauso, wie man sich ermüdenden Ritualen am Jahresende nicht entziehen kann, ist es offenbar unmöglich, zumindest diesen einen Song Contest zu verschlafen.

Wie es in einem von Philipp Roths Büchern heißt, geht es im Leben einzig darum, sich tapfer zu halten. Im konkreten Fall gilt es, den Abend erhobenen Hauptes und unbeschadet zu überstehen.

Dazu ist es weder nötig, auf den Silvesterpfaden dieser eigentümlichen Veranstaltung zu jubeln, wo in Wahrheit nichts zu jubeln ist. Noch sollten dazu Freunde genötigt werden. Nein, der Song Contest ist in trauter Ein-, maximal Zweisamkeit zu konsumieren. Wer bis zum Schluss durchhält, darf sich freundlich zuprosten. Wer nicht, hat gut geschlafen. (Rondo, 14.5.2015)