Ab Freitag an der Volksoper: Dirigentin Julia Jones.


Foto: Andy Urban

Wien - Julia Jones hebt das Volksopernorchester komplimentmäßig in lichte Höhen; allerdings tut sie es auch im wörtlichen Sinne: "Es ist ein sehr gutes Orchester mit super Musikern. Damit wir einen für das Haus optimalen Klang erreichen, haben wir aber verschiedene Höhe des Orchestergrabens ausprobiert. Das Orchester sitzt nun bei Così höher als gemeinhin üblich." Bezüglich der Interpretation dieser Da-Ponte-Oper trachtet die britische Dirigentin indes eher danach, Tiefen auszuloten und "das Subtile herausholen".

Die Sehnsucht sei in Così "oft in den langen Legatolinien der Bratschen zu finden, in den zweiten Geigen die Nervosität, die Schmetterlinge im Bauch." Man müsse "genau artikulieren, es soll nicht nur nett klingen, manche Akzente übertreiben wir sogar bewusst", erzählt Jones, die mittlerweile an vielen großen Häusern nicht nur ihre Mozart-Ideen umsetzt - und dies erfrischend undogmatisch: "Ich lasse mit Vibrato spielen, aber dosiert. Wichtig ist, dass man es bewusst einsetzt, einmal mehr, einmal weniger einbringt. Es geht ja um klangliche Farben. Ich glaube nicht, dass man zu Mozarts Zeit ganz ohne Vibrato gespielt hat."

Auch was Anweisungen an Sänger anbelangt, setzt Jones auf Offenheit: "Ich schlage ja gewissermaßen heiße Luft. Was ich hörbar machen will, kann ich nur über die Musiker und mit ihnen erreichen. Bei den Sängern muss man sich erst recht auf die jeweilige Stimme einstellen und sehen, was sie bietet. Jede Stimme hat eine individuelle Kraft und Elastizität. Ich habe zwar mein Konzept, berücksichtige aber auch die Bedürfnisse der Sänger."

Der Sprung ins Dirigierfach ergab sich für Jones "recht natürlich. Ich habe schon während des Studiums Opern dirigiert und danach in London Liedbegleitung studiert. Dann habe ich eine Stelle als Korrepetitorin gesucht, um weiter mit Sängern arbeiten zu können. Ich bin dann nach Deutschland gegangen." Das erste fixe Engagement als Kapellmeisterin ergab sich am Stadttheater Ulm: "Ich habe vordirigiert und die Stelle bekommen. Der dortige Konzertmeister hat mir immer gute Tipps gegeben, man übt ja mit dem Orchester, macht so seine Erfahrungen. Nur so lernt man."

Ein Job in Ulm

Was in etwa hat der weise Kapellmeister so geraten? "Als junger Dirigent will man etwa bei der Probe gleich jeden zweiten Takt unterbrechen. Man sollte es jedoch zuerst einmal laufen lassen und Vertrauen zu den Musikern haben." Vier Jahre (bis 1995) blieb Jones in Ulm, wechselte dann nach Darmstadt. Ab 1998 kam sie nach Basel und wurde dort Musikdirektorin. 2002 ging sie dann freiwillig, es hatte in Basel eine Fusion zweier Orchester gegeben. Mit schier unlösbaren Problemen.

Wie auch immer: "Ich komme von der Oper und möchte ohne sie nicht leben. Inzwischen dirigiere ich auch viele Konzerte, aber die sind immer so schnell vorbei! Selbst eine Bruckner-Symphonie ist viel kürzer als der erste Akt Rosenkavalier." Wenn sie Mozarts Così also strecken könnte, wenn die Oper noch einen dritten Akt hätte, wie würde es weitergehen? "Alle Emotionen der Figuren wurden hier total durcheinandergewirbelt - und dies in kürzester Zeit. Die Personen werden weggehen, leer und ausgelaugt sein, sie würden nichts essen. Jeder wird für sich sein wollen. Nach einer Zeit würden sie aufstehen, das Leben würde weitergehen, es gäbe einen Neubeginn. Wer mit wem zusammen sein würde, wäre egal. Wichtig wäre die Erfahrung gewesen." Wäre Jones eine der Opernfiguren, Trost brächte für sie sicher Musik: "Sie ist eine Befreiung." Nur wenn sie gelingt, natürlich. (Ljubiša Tošić, 12.5.2015)