Blick in den magnetisch abgeschirmten Messraum, den Peter Fierlinger (links), Michael Sturm und ihre Kollegen gebaut haben.

Foto: Astrid Eckert /TUM

München - Die meisten Stoffe sind für Magnetfelder kein ernstzunehmendes Hindernis. Daher sind magnetische Felder mehr oder weniger allgegenwärtig. Will man einen Bereich von Magnetfeldern abschirmen, dann ist dies mit erheblichem Aufwand verbunden. Einem internationalem Team von Physikern ist es nun dennoch gelungen, einen Raum zu schaffen, in dem es praktisch keine magnetischen Felder mehr gibt. Die Forscher haben dafür eine Abschirmung entwickelt, die niederfrequente Magnetfelder um einen Faktor von mehr als einer Million dämpft. In dem magnetisch gedämmten Raum in Garching herrscht vermutlich das schwächste Magnetfeld dieses Sonnensystems.

Magnetfelder sind überall im Universum. Auch auf der Erde sind wir stets von Magnetfeldern umgeben – natürlichen und künstlichen. Das Erdmagnetfeld, das in Mitteleuropa eine Stärke von etwa 48 Mikrotesla hat, ist immer vorhanden. Dazu addieren sich örtlich weitere Magnetfelder, etwa von Transformatoren, Motoren, Kränen oder auch von Metalltüren.

Schwächstes Magnetfeld in 4,1 Kubikmeter

Eine Gruppe von Wissenschaftern um Professor Peter Fierlinger, Physiker an der Technischen Universität München (TUM), hat es nun geschafft, auf dem Garchinger Forschungscampus einen Raum mit 4,1 Kubikmeter Innenvolumen aufzubauen, in dem permanente und zeitlich veränderliche Magnetfelder um mehr als das Millionenfache reduziert sind.

Dies wird durch eine magnetische Abschirmung aus verschiedenen Schalen einer hochmagnetisierbaren Legierung erreicht. Die dadurch erzielte magnetische Dämpfung sorgt dafür, dass das Rest-Magnetfeld im Inneren des Raums sogar kleiner ist als in den Tiefen unseres Sonnensystems. Es verbessert die bisherigen Dämpfungsmöglichkeiten um mehr als den Faktor zehn.

Raum für Präzisionsexperimente

Die Reduzierung elektromagnetischer Störungen ist eine wichtige Voraussetzung für viele hochpräzise Experimente in der Physik, aber auch in der Biologie und der Medizin. In der Grundlagenphysik ist eine maximale magnetische Abschirmung entscheidend für die Präzisionsmessungen winziger Effekte von Phänomenen, die im frühen Universum die Entwicklung unseres Universums vorangetrieben haben.

Die Gruppe von Fierlinger entwickelt derzeit ein Experiment, welches die Ladungsverteilung – Physiker sprechen vom elektrischen Dipolmoment – in Neutronen bestimmen soll. Neutronen sind Kernteilchen, die ein winziges magnetisches Moment besitzen, aber elektrisch neutral sind. Zusammengesetzt sind sie aus drei Quarks, deren Ladungen sich jedoch nach außen aufheben.

Wissenschaftler vermuten jedoch, dass Neutronen ein winziges elektrisches Dipolmoment besitzen. Doch die bisherigen Messungen erreichten nicht die nötige Präzision. Der neue, nahezu magnetfeldfreie Raum schafft nun die Voraussetzungen, die Genauigkeit der bisherigen Messungen des elektrischen Dipolmoments des Neutrons um den Faktor 100 zu verbessern, und damit in die Dimension der theoretisch vorhergesagten Größe des Phänomens vorzudringen. (red, derStandard.at, 14.5.2015)