Wo einmal eine offene Wasserfläche war, kann man dank des gestrandeten Eisbergs nun mit dem Motorschlitten fahren.

Foto: UNSW

Sydney - 2010 strandete ein Gigant in der Commonwealth-Bucht der östlichen Antarktis: kein Wal, sondern ein Eisberg. Dort hängt er nun seit Jahren fest - und seine Anwesenheit hat die Umweltbedingungen vor Ort einschneidend verändert, berichten Forscher der australischen University of New South Wales im Magazin "Polar Biology".

Forscher der Universität besuchten den Schauplatz bei einer Expedition rund um den Jahreswechsel 2013/14. Dort stellte das Team um Graeme Clark fest, dass der gestrandete Gigant zu einer massiven Zunahme an Meereis in der Bucht geführt hat.

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Die Commonwealth-Bucht gilt als windigster Ort der Erde und ist als solcher sogar im Guinness-Buch der Rekorde eingetragen. Hier heulen die vom Inneren Antarktikas kommenden Winde durchschnittlich mit 80 km/h und zu Spitzenzeiten sogar mit 240 km/h - das reichte früher aus, um die Bucht weitestgehend eisfrei zu halten. Die Anwesenheit des Eisbergs hat dies jedoch blockiert und zur Bildung einer Eisschicht von mehreren Metern Dicke geführt.

Und diese Eisschicht, die rund ums Jahr stabil bleibt, hat ihrerseits Folgen: Clarks Team bohrte an mehreren Stellen durch das Eis und untersuchte mit Unterwasserkameras den Meeresboden. Es zeigte sich, dass ein Großteil des Seetangs in der Bucht wegen Lichtmangels abgestorben ist. Drei Viertel der von Algen gebildeten Tangwälder sind bereits verrottet, der Rest ausgebleicht.

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Während es der einstmals dominanten Lebensform in der Bucht an den Kragen gegangen ist, profitieren andere Lebewesen von den neugeschaffenen Umständen: Die Forscher verzeichneten eine Zunahme an wirbellosen Tieren, die an ein Leben in Dunkelheit angepasst sind. Vor allem Schlangensterne und Federwürmer beginnen die Bucht zu kolonisieren.

Laut Clarks Mitarbeiter Ezequiel Marzinelli hat man hier zum ersten Mal ein genaues Startdatum für eine ökologische Verschiebung - nämlich wie sich ein algendominierter Lebensraum in einen von Wirbellosen dominierten verwandelt. Bei fortlaufender Beobachtung lässt sich feststellen, wie schnell ein so grundsätzlicher Wandel abläuft. Die Forscher sprechen von einem einzigartigen Experiment aus dem wirklichen Leben. (jdo, 23.5. 2015)