Bild nicht mehr verfügbar.

Mit dem Lied "Beauty Never Lies" beförderte die serbische Sängerin Bojana Stamenov sich und ihr Heimatland ins Finale des Song Contests.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Man muss sich die Nomenklatur in Erinnerung rufen: Halbfinale heißt es da. Das klingt nicht schlecht, fast schon nach den Besten. Halbfinale bedeutet, dass man irgendetwas gut können muss, um so weit gekommen zu sein. Zumindest kennt man es aus dem Sport so. Die Teilnehmer des ersten Halbfinales des Eurovision Song Contest in Wien erwiesen sich hingegen seriell als Ausnahmen von dieser Annahme.

Scheitern auf niedrigem Niveau

Am Dienstagabend übertrug der ORF das erste Auswahlverfahren, dem sich 16 Nationen stellten, zehn davon kamen ins Finale, sechs scheiterten auf niedrigem Niveau, erwischen hätte es eigentlich jedes Land können. Österreich, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien und dem heuer eingemeindeten Australien waren ihre Finalplätze bereits vorab sicher.

Die ermittelten ersten großen zehn vermittelten ihrerseits nicht unbedingt den Eindruck, als müsste man sie irgendwo in der Erinnerung zwischenspeichern. Musikalisch betrachtet, ist der Song Contest immer noch nicht mehr als ein Gipfeltreffen der Eintagsfliegen.

Die wenigen länger haltenden Karrieren, die aus den 60 Jahren, die der Song Contest nun besteht, hervorgegangen sind, kann sich jeder Sägewerksarbeiter an zwei Händen abzählen. Aber theoretisch besteht Hoffnung für die Vertreter von Armenien, Belgien, Griechenland, Estland, Serbien, Ungarn, Russland, Albanien, Rumänien und Georgien. Sie konnten sich für das Finale am Samstag qualifizieren. Am Donnerstag matchen sich die nächsten 17 hoffnungsfrohen Möchtegernteilnehmer.

Ledergeil oder politisch

Am Dienstag eröffnete Moldawien ledergeil und sportlich mit dem Schönwettertitel "I Want Your Love". Einen Beitrag später wurde es politisch, als die aus armenischer Diaspora zusammengesetzte Formation Genealogy mit "Face the Shadow" an den Genozid erinnerte, dem 1915 bis zu 1,5 Millionen Armenier zum Opfer gefallen waren. Ein Wink mit dem Mikrofon in Richtung Türkei, die den Völkermord bis heute leugnet.

Die Semifinal-Teilnehmer vom Dienstag.

Maria Elena Kyriakou übersetzte die finanzielle Lage ihrer griechischen Heimat in die Ballade "One Last Breath", die finnische Punkband Pertti Kurikan Nimipäivät hielt sich mit unter eineinhalb Minuten genregerecht kurz, für das Finale hat es entgegen vielen Voraussagen nicht gereicht. Die wuchtbrummige Bojana Stamenov ging in dem Titel "Beauty Never Lies" voll auf und brachte Serbien verdient weiter. Dass selbiges dem stehend k. o. wirkenden Beitrag von Ungarn gelang, machte staunen.

Die russische Sängerin Polina Gagarina kam mit ihrem den Frieden beschwörenden "Million Voices" weiter. Bedenkt man, dass die Teilnehmer immer auch als Visitenkarten ihrer Länder fungieren, kommt man nicht umhin, dem Beitrag Verlogenheit und Propaganda zu attestieren. Schließlich pflegt Wladimir Putins Politik nicht gerade das Image eines Friedenstäubchens. Da kann Gagarina noch so süßlich gurren. (Karl Fluch, 20.5.2015)