Die Tiroler Gesellschaft für rassismuskritische Arbeit (Tigra) hat im vergangenen Jahr 94 Fälle von Rassismus dokumentiert. Rund ein Viertel davon wurde von Betroffenen oder Zeugen an den Verein herangetragen, der Rest - etwa diskriminierende mediale Berichterstattung - von den Mitgliedern selbst protokolliert.

Foto: Mittelstaedt

Innsbruck - Was macht junge Männer, bloß weil sie eine andere Herkunft haben, gefährlicher als 40 Tiroler Schützen? Diese Frage stelle der launige Innsbrucker Stadtrat Gerhard Fritz (Grüne) öfter bei öffentlichen Veranstaltungen - und würde damit zumeist Beifall hervorrufen, erzählt er bei der Präsentation des ersten Tiroler Rassismus-Berichts.

Dennoch, und da sind sich alle Anwesenden einig: Rassismus ist auch in Tirol ein allgegenwärtiges, strukturelles Problem. Benachteiligungen würden am Wohnungsmarkt, bei der Arbeit, im Alltag sichtbar, von Rassismus sei nichts und niemand völlig befreit - auch nicht der Staat oder Gesetze.

"Rassismus verletzt nicht nur den Einzelnen"

Die Tiroler Gesellschaft für rassismuskritische Arbeit (Tigra) hat im vergangenen Jahr 94 Fälle von Rassismus dokumentiert. Rund ein Viertel davon wurde von Betroffenen oder Zeugen an den Verein herangetragen, der Rest - etwa diskriminierende mediale Berichterstattung - von den Mitgliedern selbst protokolliert. "Das ist natürlich nur die Spitze des Eisbergs", sagt Mandeep Lakhan, eine der vier ehrenamtlichen Tigra-Vorständinnen.

Im Bericht findet sich zum Beispiel ein Fall aus einer Tiroler Schule, wo sich Kinder nach dem Kontakt mit einem dunkelhäutigen Mitschüler immer die Hände waschen würden. "Doch Rassismus verletzt nicht nur den Einzelnen, sondern die Grundwerte unserer Gesellschaft", sagt Selda Sevgi von Tigra.

Wenig Förderung

In Zahlen schlägt sich gesellschaftliche Wertschätzung für rassismuskritische Arbeit noch nicht nieder: Der von Stadt und Land geförderte Verein, der auch Beratung anbietet, kann nur eine Halbtagsstelle finanzieren. (mika, 22.5.2015)