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Über glühende Kohlen laufen - auch eine Möglichkeit, Fokus und Konzentration zu trainieren

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Wo sich in der Ratgeberliteratur die Verkaufsschlager türmen, wo im Trainerbusiness Kohle fließt, sind die Baustellen der Arbeitswelt gespiegelt, dort liegen die Hinweise auf Defizite, Schieflagen, Schwachstellen und Sehnsüchte.

Derzeit wäre das etwa Sich-selbst-Spüren. Wie wäre sonst der Boom an Mindfulness, Achtsamkeit, Reflexionsschulen zu erklären? Solcherart Trainings in gehobenem Rahmen anzubieten ist auch für eine ganze Reihe einst operativer Manager zur zweiten Karriere geworden. Und da wäre, der Konjunktur der Trainings- und Seminarindustrie folgend, noch der riesige Mangel an Entspannungsfähigkeit. Meditation, Loslassübungen, Coaches fürs Abschalten der elektronischen Helfer, zum Entwöhnen von den digitalen Süchten.

Passender, besser?

Personalisierte Ess- und Fitnessprogramme gehören da in der Schnittstelle dazu - die boomen auch. Und dürfen gut bezahlt die Brücke bilden zur Optimierung: Geräte zum Schrittezählen, Uhren, die zum Aufstehen (nach zu langem Sitzen) mahnen, besser Reden, die Stimme tiefer legen, schlanker wirken, mehr Macht ausstrahlen (Kurse im Statusspiel), sich machtbewusster kleiden, farbwirksamer schminken: Dem wachsenden Angebot nach zu schließen - ein großes Defizit offenbar, das "der Markt" bereit ist zu füllen.

Orientierung im Menschlichen entwickelt sich mit fortschreitender Digitalisierung, so scheint's, auch zu einem Mangelbereich: Je mehr Big Data voranschreitet, desto mehr wächst die Nachfrage nach "Profiling", um das Lesen im Gesicht. Natürlich geht es dabei nicht um die Schwächen in der Mikromimik des Gegenübers, damit der geldwerte Verhandlungsvorteil ausgenützt werden kann, oder?

Sich selbst finden

Das Entwickeln empathischer Fähigkeiten ist vermutlich eines der bedeutendsten Zukunftsfelder, wie es aussieht, wenn die Vorhersagen stimmen, dass die elektronischen Ichs immer besser ausgeschnüffelt, bewertet, kategorisiert, schubladisiert werden, ohne jemals einem derer in Fleisch und Blut gegenüber gesessen zu sein.

Interessant und relativ jung im Geschäft der boomende Bereich der Berater, Trainer und Helfer unter dem Dach von "werde, was du wirklich sein willst", "entdecke deine wahre Leidenschaft und Berufung".

Erleichterung, bitte!

Das mag sich aus dem Datenmaterial erklären, wonach bis zu 60 Prozent der Leute innerlich gekündigt in den falschen Jobs hocken, sprich: genervt ihr Morgenprogramm erledigen (Kinder verbringen, in die guten Autos hüpfen, ziemlich miesgelaunt ins Büro hetzen), um dann den großen Rest des Tages Dinge zu tun und zu entscheiden, die sie eigentlich gar nicht tun und nicht entscheiden wollen.

Und da schließt sich der Kreis: hin zur Burnout-Prophylaxe, dem Resilienztraining und dem Kursus in Lachyoga. (derstandard.at, 25.5.2015)