Premierminister David Cameron ist beim EU-Gipfel in Riga mit seiner Ankündigung, die EU umfangreich reformieren und nationale Entscheidungsebenen stärken zu wollen, auf Skepsis gestoßen. Der Brite wollte sein erstes Auftreten im Kreis der Staats- und Regierungschefs nach dem Wahlsieg nützen, eine Initiative zu starten. Dies wurde abgeblockt, die Entwicklung der Partnerschaft mit den sechs ehemaligen GUS-Republiken, nicht aber EU-Reform stehe auf der Tagesordnung.

Camerons Botschaft: Ein Referendum über den Verbleib seines Landes in der EU werde definitiv stattfinden. Gespräche über das neue Verhältnis zur Union würden "nicht leicht werden, nicht schnell gehen, es werde viele Ansichten geben, bei denen man nicht übereinstimme".

Bereits am Montag will er eine Werbetour starten, zuerst bei Kommissionschef Jean-Claude Juncker. London will beim Zuzugsrecht von EU-Bürgern im Rahmen der Personenfreizügigkeit Einschränkungen erreichen.

Vor allem die Regierungschefs aus Ost- und Ostmitteleuropa lehnen das vehement ab. Jeder Eingriff in die vier Grundfreiheiten der Union finde keine Unterstützung, sagte die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite.

Scharfe Kritik an Cameron übte Kanzler Werner Faymann. Er warf ihm im Gespräch mit Journalisten vor, den "europäischen Geist nicht verinnerlicht" zu haben und schloss eine EU-Reform für Cameron aus: "Ich halte es für ausgeschlossen, dass jemand glaubt, er bekommt eine Vertragsänderung (nur) mit Vorteilen", sagte er: "Wir sind ja nicht die Gemeinschaft der Rosinenpicker. Die wären sich ja dann gegenseitig im Weg."

Der Gipfel ging mit der Zusicherung an die sechs Partnerländer zu Ende, näher und "flexibel" an die EU heranrücken zu können, aber ohne Beitrittsperspektive. Die Ukraine und Georgien können, wie berichtet, frühestens 2016 mit Visafreiheit rechnen. (Thomas Mayer aus Riga, 23.5.2015)