Bild nicht mehr verfügbar.

Jetzt wird's aber ernst: Erwin Pröll drängt den Finanzminister, rasche Konteneinschau zu überdenken.

Foto: APA / Georg Hochmuth

Wien - Nach dem Aufstand der wahlkämpfenden steirischen ÖVP gegen die geplante Kontoeinschau bei bloßem Steuerbetrugsverdacht meldeten sich über Pfingsten weitere gewichtige Schwarze gegen die anvisierte Aufweichung des Bankgeheimnisses zu Wort: Via Österreich warnte niemand Geringerer als Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll davor, "alle Österreicher unter Generalverdacht zu stellen".

Dazu riet er seinem Parteikollegen Finanzminister Hans Jörg Schelling dringend, seine Vorgangsweise zu überdenken. Damit nicht genug, mahnte Prölls Vertraute, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, auch noch ein, es gehe angesichts der anstehenden vereinfachten Kontenöffnungen um die "Frage der Privatsphäre".

Unter Druck

Damit kommt Finanzminister Schelling zunehmend persönlich unter Druck. Denn das Bankgeheimnis ist nicht das einzige Gesetz aus seinem Ministerium, das aktuell heftig kritisiert wird. Grabenkämpfe spielen sich auch rund um die Reform der Einlagensicherung ab. Diese soll ja, wie berichtet, nach EU-Vorgaben umgebaut werden. So soll etwa der Staat künftig nicht mehr für Einlagen unter 100.000 Euro geradestehen. Doch die Länder, allen voran Niederösterreich, schießen auch hier quer.

Während Schelling die schwarze Revolte gegen die härteren Maßnahmen gegen Steuerbetrug am Montag nicht kommentieren wollte, bleibt die SPÖ hart. Kanzleramts-Staatssekretärin Sonja Steßl, einst selbst im Finanzressort, zum STANDARD: "Wir gehen davon aus, dass das Steuerreformpaket wie vereinbart umgesetzt wird." Denn: "Die Steuerbetrugsbekämpfung ist ein wesentlicher Teil der Gegenfinanzierung. Außerdem bringen die Maßnahmen mehr Fairness für die Mehrheit der Menschen, die ehrlich ihre Steuern zahlen."

Streit um die Fairness

Hintergrund: Weil die SPÖ sich bei der Steuerreform mit ihrem Ruf nach Vermögenssteuern nicht durchsetzen konnte, drängt sie nun darauf, dass die Finanzministerpartei ÖVP die bereits für 2016 paktierten 700 Millionen Euro im Zuge strengerer Abgabenprüfungen hereinbringt, die eben durch raschere Bankauskünfte erleichtert werden sollen.

Die Opposition schlachtet die Uneinigkeit der Regierung und in der ÖVP jedenfalls genüsslich aus: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache will ein Volksbegehren "für einen gläsernen Staat und gegen einen gläsernen Bürger". Das Team Stronach und die Neos berufen demnächst gemeinsam eine Sondersitzung im Nationalrat ein, Titel: "Stopp dem Überwachungsstaat". Eva Glawischnig, Grünen-Chefin, wiederum, deren Partei der Koalition zur nötigen Zweidrittelmehrheit für das zentrale Kontenregister verhelfen soll, insistiert vor Konteneinsicht auf einen "Rechtsschutz, der jenem im gerichtlichen Strafverfahren entspricht".

Dabei ringt nicht nur die ÖVP um eine einheitliche Position. Auch bei den Grünen gibt es zwei Flügel. Die Partei hat in den vergangenen Monaten über ihren Abgeordneten Bruno Rossmann versucht, beim Thema Steuerbetrug Druck auf die Regierung aufzubauen. Kritisiert wurde vor allem der angeblich laxe Umgang des Finanzministeriums mit den sogenannten Abschleichern. Das sind jene Österreicher, die ihr Geld 2012 heimlich aus der Schweiz nach Österreich transferiert haben, um es hier weiter zu verstecken. Zugleich versuchen sich Abgeordnete wie Peter Pilz mit dem Thema Überwachungsstaat - Stichwort: NSA-Skandal - zu profilieren.

Die Folge davon ist, dass es für die Grünen nicht ganz einfach ist, zwischen den beiden Polen Datenschutz und Kampf gegen Steuerbetrug abzuwiegen. Besonders, da die Neos eine einzigartige Chance wittern, sich hier zu profilieren. Wenn die Abschaffung des Bankgeheimnisses wie geplant kommt, wäre das ein massiver Einschnitt in bürgerliche Freiheitsrechte, erklärt Neos-Chef Matthias Strolz dem STANDARD. Kontoeinschau ohne Richter falle in eine Liga mit Lauschangriff oder Rasterfahndung. Den Grünen wirft er in der Sache doppeltes Spiel vor: "Einen Tag macht die Partei Stimmung gegen den NSA-Abhörskandal, am nächsten wollen sie in die Bankkonten rein."

Kritische Stimmen aus ÖGB

Die Steuerinitiative im Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) übt indessen Kritik am geplanten Ende des Bankgeheimnisses. Die Bankkonteneinsicht werde "im Wesentlichen keine großen Steuerbetrüger treffen", die Politik gehe damit "Scheinwege", hieß es in einer Aussendung am Dienstag.

"Sicherlich werden es einige Pfuscher und kleine Steuerhinterzieher dann schwerer haben, ihre Zusatzeinkünfte vor dem Zugriff des Fiskus zu schützen", meinte Gerhard Kohlmaier von der Steuerinitiative. Dabei handle es sich jedoch um Menschen, für die es immer schwieriger werde, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, große Steuerbetrügereien werde man damit nicht verhindern.

Im ÖGB wurde gegenüber der APA betont, dass dies nicht ÖGB-Linie sei. "Das ist eine Privatinitiative von Leuten, die im ÖGB arbeiten, es handelt sich um eine Privatmeinung", sagte Sprecherin Alexa Jirez. (András Szigetvari, Nina Weißensteiner, APA, 26.5.2015)