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Premier Tsipras, Vize Dragasakis, Innenminister Voutsis (von li.): Noch hat der griechische Regierungschef eine Mehrheit für seine maßvollere Linie bei den Verhandlungen mit den Kreditgebern.

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Die neuesten Zahlen aus der Nikis-Straße schauen wenigstens gut aus: 2,1 Milliarden Euro Primärüberschuss im ersten Quartal meldete das griechische Finanzministerium am Montag, doppelt so viel wie im Vorjahr um diese Zeit. Damit werden Griechenlands Unterhändler am Dienstag in Brüssel in die nächste Runde mit den Kreditgebern gehen.

Doch der neue Primärüberschuss - das Haushaltsplus ohne Anrechnung der Zinszahlungen für die Schulden - ist am Ende auch nur ein Dokument der Verzweiflung. Das Plus kam zustande durch eine buchhalterische Überweisung aus dem Vorjahr und weil der Staat nur noch Geld für das Allerdringendste ausgibt.

Endspiel

Es ist Endspiel in Athen: Vier Monate nach der Regierungsübernahme scheint die linksgerichtete Partei Syriza mit dem Rücken zur Wand zu stehen. "Abkommen gesucht", "Warum Dr. Schäuble?" oder "Verzweifelte Drohungen mit Bankrott und Rückkehr zur Drachma" lauteten die Schlagzeilen der Zeitungen am Montagmorgen. Minister und andere Regierungspolitiker bekräftigen nun mehrmals am Tag, dass das Land die im Juni anstehenden Zinszahlungen an den Internationalen Währungsfonds ohne neue Hilfe nicht mehr leisten könne und wolle. 300 Millionen Euro sind am 5. Juni fällig, 1,2 Milliarden bis Ende jenes Monats.

Kapitalkontrollen würden noch diesen Freitag eingeführt, sagte Dora Bakoyannis, die frühere Außenministerin und Athener Bürgermeisterin von der konservativen Nea Dimokratia, voraus. Regierungssprecher Gavriel Sakellaridis dementierte dies am Montag ebenso wie den Zahlungsausfall am 5. Juni. Britische Massenblätter hatten schon vor Wochen Griechenlandurlauber gewarnt, sie sollten ausreichend Bargeld mitnehmen, weil die Geldautomaten mit einem Mal nichts mehr hergeben könnten.

Wie ernst die Lage für Premier Alexis Tsipras zumindest politisch wird, hatte die Sitzung des Zentralkomitees von Syriza am vergangenen Wochenende in einem Athener Hotel gezeigt. Tsipras setzte sich mit seiner maßvolleren Linie bei den Verhandlungen mit den Kreditgebern gegen die noch weiter links stehenden Kräfte in der Partei durch, allerdings keineswegs überdeutlich: Mit 95 Gegen-, aber bei 75 Ja-Stimmen und einer Enthaltung wies das Syriza-ZK ein Papier der "Linken Plattform" von Energieminister Panayiotis Lafazanis ab.

"Erpresserische Taktiken"

Lafazanis wollte festschreiben, dass die Regierung keine Zahlungen mehr an den IWF leiste, sollten die "erpresserischen Taktiken" in der Brüsseler Verhandlungsgruppe in den nächsten Tagen andauern. Die linksgeführte griechische Regierung solle dann "andere Optionen" suchen, hieß es in dem zwei Seiten langen Papier der Parteilinken. Damit war auch ein Ausscheiden aus der Eurozone gemeint. Wer sage, dass eine Aufgabe des Euro in die Katastrophe führe?, wurde Lafazanis zitiert.

"Wir haben Zugeständnisse gemacht, wir haben aber auch rote Linien", sagte Tsipras in der Sitzung. Der Premier lehnte erneut Steuerhöhungen und weitere Deregulierungen des Arbeitsmarkts ab. Die griechische Regierung hatte in Brüssel Vorschläge für eine Neustrukturierung der bisher drei Mehrwertsteuersätze gemacht. Bei der Pensionsfrage bietet die Regierung striktere Regeln bei der Frühpensionierung an; die Kreditgeber beharren auf Kürzungen.

Varoufakis schneidet mit

Finanzminister Yanis Varoufakis räumte derweil ein, dass er bei Sitzungen der Eurogruppe sehr wohl ein Aufnahmegerät laufen hatte. "Ich nehme oft meine Interventionen und Antworten mit meinem Mobiltelefon auf, vor allem wenn ich sie aus dem Stegreif halte", schrieb Varoufakis vergangenen Sonntag in seinem Blog. Die Aufzeichnungen nutze er, um später den Regierungschef, das Kabinett oder das Parlament über das zu unterrichten, was er in den Treffen genau gesagt habe. Der Finanzminister ließ offen, ob er auch die Wortmeldungen seiner Amtskollegen ohne deren Wissen aufgezeichnet hatte. (Markus Bernath aus Athen, 25.5.2015)