Kathmandu - Der Klimawandel könnte einer aktuellen Studie zufolge die Gletscher rund um den Mount Everest in den kommenden Jahrzehnten verschwinden lassen. Laut der am Mittwoch veröffentlichten Studie von Wissenschaftern aus Nepal, den Niederlanden und Frankreich könnten die Gletscher im Himalaya-Gebirge bis zum Ende des Jahrhunderts um mindestens 70 Prozent schrumpfen oder sogar ganz verschwinden.

"Das Worst-Case-Szenario zeigt einen Verlust von 99 Prozent der Gletschermasse", sagte der Leiter der Studie, Joseph Shea, Gletscher-Hydrologe am Internationalen Zentrum für Integrierte Bergentwicklung in Kathmandu. "Aber selbst wenn wir die Emissionen verlangsamen, sehen wir noch immer ein Schrumpfen um 70 Prozent."

Vor acht Jahren war in einer schlampigen Studie des Weltklimarats (IPCC) ein noch wesentlich früheres Abschmelzen der Himalaya-Gletscher prognostiziert worden - was nach der Aufdeckung der Fehler in den "Glaciergate"-Skandal und heftige Kritik am IPCC mündete. Die Daten der neuen Studie sollen hingegen stimmen.

Betrachtung über Jahrzehnte hinweg

Im vergangenen Jahr hatte Shea mit Kollegen eine Studie veröffentlicht, die anhand von Satellitenbildern zeigte, dass die Himalaya-Gletscher zwischen 1977 und 2010 bereits deutlich geschrumpft sind. Die nun im Fachmagazin "The Cryosphere" veröffentlichte Untersuchung zeigt ein noch drastischeres Bild von den Folgen der Klimaerwärmung für die Himalaya-Region.

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschafter das Wetter rund um den höchsten Berg der Welt und erstellten ein Modell für die Klimabedingungen um den Mount Everest. Die Forscher erhöhten in ihren Berechnungen die Temperaturen nach verschiedenen Szenarien für den Ausstoß von Treibhausgasen, um den möglichen zukünftigen Zustand der Gletscher zu ermitteln.

Shea warnte, dass sich schmelzende Gletscher in tiefe Seen verwandeln könnten. Diese könnten zu Sturzbächen werden und die Bergdörfer überschwemmen. Außerdem würde sich das Schmelzen der Gletscher auf die Wasserversorgung in der Everest-Region auswirken. Langfristig gesehen würde so weniger Schmelzwasser in den Fluss Dudh Kosi fließen, der viele Nepalesen mit Trinkwasser versorgt. (APA/red, 27.5. 2015)