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Müll im All: Diese Grafik der Europäischen Weltraumagentur zeigt Schrott früherer Missionen, der neben Satelliten um die Erde kreist.

Illustration: APA/Esa

Wien – Haben Sie heute schon eine Textnachricht versendet, das GPS benutzt oder eine Wetter-App verwendet? Wenn ja, dann haben Sie vermutlich Satelliten genutzt. Rund 1200 davon kreisen derzeit im Orbit um die Erde. Doch nicht jeder dieser Satelliten ist aktiv.

Schätzungsweise 3000 Tonnen Weltraumschrott wabern im Weltall: ausgebrannte Raketenstufen, ausrangierte Satelliten und allerlei Schrottteile. Die Gefahr, dass einem Satellitenbruchstücke um die Ohren fliegen, ist groß. Im Februar 2009 kollidierte der US-Satellit Iridium mit dem stillgelegten russischen Satelliten Kosmos 2251. Die Explosion zerfetzte beide Flugkörper. Seitdem rasen tausende Trümmerteile mit Geschwindigkeiten von über 40.000 km/h durch den Orbit. Die Internationale Raumstation (ISS) muss immer wieder Ausweichmanöver fliegen.

"Handgranaten" im All

Der Einschlag eines zentimetergroßen Bruchstücks setzt nämlich die Energie einer Handgranatenexplosion frei. Die Trümmerdichte in Bahnhöhen um 800 Kilometer ist bereits so hoch, dass die Stücke sich gegenseitig zu zerschlagen drohen und neuen Müll produzieren. Käme diese Kettenreaktion einmal in Gang, wäre der Müll kaum noch zu kontrollieren.

"Es ist wichtig, den größeren und massiveren Müll in Höhen zwischen 700 und 1000 Kilometern zu beseitigen", sagt Nasa-Mitarbeiter Donald J. Kessler im Gespräch mit dem Standard: "Selbst wenn kein neues Objekt hinzukommt, kann eine größere Anzahl sowohl kleinerer als auch größerer Trümmerteile durch eine höhere Kollisionsfrequenz erwartet werden. Das würde die Raumfahrt bedrohen."

Ein Team vom japanischen Forschungszentrum Riken hat nun einen neuen Entwurf für eine Weltraummüllabfuhr vorgestellt. Das System besteht aus einem speziellen Weitwinkelteleskop, das die Trümmerteile identifiziert, sowie einem neu entwickelten Lasersystem, das den Müll aus der Umlaufbahn holt.

"Mit dem Teleskop suchen wir nach Trümmerteilen und prüfen, ob sie mit den Simulationen übereinstimmen", so Projektmitarbeiter Marco Casaloni auf Anfrage des Standard. "Dann schießen wir mit einem Laserpointer von der ISS auf sie, um die Umlaufbahn zu vermessen. Wir können auch vom Boden aus einen Laser mit geringer Leistung verwenden, um die Trümmerteile zu beleuchten." Was dann folgen soll, klingt wie der Plot eines Science-Fiction-Films: Mit einer Laserkanone werden die Trümmerteile aus dem Orbit geschossen. "Der Laser schießt und erhitzt den Flugkörper langsam, sodass er abdampft", erklärt Casaloni. Dadurch verlangsamt sich der Flugkörper, er fällt auf die Erde. Mit dem leistungsstarken Laser könnte der gefährliche Schrott unschädlich gemacht werden.

Noch ungelöste Probleme

Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg. "Es wird mindestens zehn Jahre dauern", schätzt Casaloni. Weltraumexperte Kessler hält das Konzept für "valide", auch wenn die Idee nicht ganz neu sei. Gleichwohl sieht er technische und rechtliche Probleme. "Ein Laser mit geringer Leistung kann die Umlaufbahn von kleinen Teilen leicht verändern. Ein hochleistungsfähiger Laser kann einen Teil der Oberfläche vaporisieren und den Pfad mehr abändern, aber die neue Richtung wird unsicherer." Wenn der Fokus falsch eingestellt und der Laser nicht präzise ist, kann schlimmstenfalls ein verhängnisvolles Chaos entstehen – eine Art Flipper im Weltall.

Hinzu kommt das Problem auf rechtlicher Seite. Die Weltraumkörper (sowohl aktive Satelliten als auch Schrott) stehen im Eigentum von Staaten. Kein Land darf einen Flugkörper eines anderen Staates aus dem Weltraum schießen, und sei es auch ein noch so kleines Objekt. (Adrian Lobe, 6.6.2015)