Volle Kraft voraus im Audi TT clubsport turbo: Ein zusätzlicher elektrischer Turbolader beseitigt das Turboloch.

Foto: audi

Ein Abgasturbolader ist prinzipiell eine kluge Sache: Man treibt mit der Bewegungsenergie des Abgases ein Schaufelrad an, das über ein zweites Schaufelrad frische Luft in den Motor pumpt. Die Sache hat nur einen Haken: Die Schaufelräder sind träge, benötigen mehrere Sekunden, bis sie eine hohe Drehzahl erreichen und endlich ihre Leistung entfalten. Bei niedrigen Drehzahlen herrscht deshalb das sogenannte Turboloch. Die scheinbar einfache Formel lautet deshalb: Mit elektrischer Unterstützung lässt sich dieses Turboloch beseitigen.

Nun gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten, diese elektrische Unterstützung zu organisieren: Entweder man koppelt einen Elektromotor direkt an den Abgasturbolader, oder man montiert zusätzlich zum Abgasturbolader einen zweiten elektrisch betriebenen Verdichter wie im Fall des Audi TT Clubsport Turbo.

Elektrischer Verdichter

Das Ziel im Falle Audi ist klar: Man kann einen größeren trägeren Abgasturbolader verwenden, weil ohnehin im unteren Drehzahlbereich der elektrische Verdichter bereitsteht. So erreicht man nicht nur subjektiv enormen Schub in jeder Lebenslage. Da die Leistungsaufnahme des elektrischen Turbos in der Größenordnung von einem halben Kilowatt liegt, empfiehlt sich auch ein zusätzliches Bordnetz mit 48 Volt.

Im Zuge einer milden Hybridisierung des Antriebsstranges kommt ohnehin immer öfter die Forderung nach dem starken Bordnetz auf. Umgekehrt fällt es viel leichter, einen elektrischen Turbo vorzusehen, wenn ein 48-Volt-Netz aus anderen Gründen schon vorhanden ist.

Integration im Hybridsystem

Eine wesentlich komplexere Lösung ist es, einen elektrischen Turbolader gleich in ein Hybridsystem zu integrieren, wie dies in der Formel 1 der Fall ist. Dafür ist es Voraussetzung, den Abgasturbolader direkt elektrisch zu unterstützen. Dieser Elektroantrieb kann dann gleich zur Energierückgewinnung verwendet werden, indem er das Turboladerlaufrad bremst, wenn der notwendige Druck erreicht ist, anstatt den überschüssigen Druck über das üblicherweise vorgesehene Waste-Gate verpuffen zu lassen.

Die Kräftigung des Motors unter besserer Ausnützung der eingesetzten Energie ist also nur eines der Ziele. Bei entsprechendem Aufwand kann der elektrische Turbolader auch noch zur Verringerung des Verbrauchs genützt werden. Und es gibt noch ein drittes Feld: die Verringerung der schädlichen Abgase. Gut integriert in das Gesamtsystem, vermag er es auch noch, erhebliche Verbesserungen bei den Schadstoffen zu erzielen.

Erhebliche Herausforderung

Dies erhofft man sich vor allem im dynamischen Betrieb von Dieselmotoren, für die die neuen Abgasmesszyklen WLTP und die Messung der tatsächlichen Emissionen während der Fahrt ("real driving emissions" ) eine erhebliche Herausforderung darstellen. So lassen sich durch einen zusätzlichen elektrischen Lader die Stickoxide deutlich senken, was wiederum die Abgasreinigung erleichtert und günstiger macht. Die elektrische Aufladung bringt für die Entwicklung in jedem Fall zusätzliche Freiheiten in der Gestaltung des Verbrennungsablaufs.

Die tatsächlichen Vorteile des elektrischen Abgasturboladers oder der elektrischen Zusatzaufladung sind aber stark abhängig von der Gesamtkonstellation des Antriebs und von den Gewohnheiten und Anforderung, die vom Fahrer herrühren. In Kombination mit einem gut abgestimmten Automatikgetriebe sind die Vorteile sicher geringer als mit einem schlampig gerührten manuellen Schaltgetriebe. Den Zielkonflikt zwischen Fahrspaß und Verbrauch wird aber auch die elektrische Aufladung nicht auflösen können. (Rudolf Skarics, Rondomobil, 20.6.2015)