Das "Comet Core" ist ein offenkundiger Fake, für den seit Tagen eine Kickstarter-Kampagne läuft.

Es klingt verlockend: Ein Smartphone mit schnellem Prozessor und starken Kameras, das wasserfest ist und nicht versinken soll. All das – und noch mehr – verspricht das Unternehmen "Comet Core" und sammelt Geld dafür über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter. (Update: Die Projektinitatoren haben die Kampagne vor kurzem aus angeblich formalen Gründen abgebrochen, siehe Erläuterung am Ende des Textes).

Das Projekt wirft jedoch einige Fragen auf, zumal doch einigermaßen tech-affinen Betrachtern beim Ansehen von Website und Vorstellungsvideo schnell klar werden muss, dass es sich um ein Fake handelt. Und nicht nur das – die Existenz der Kampagne schadet auch dem Ansehen der bedeutendsten Crowdfunding-Plattform.

CometCoreInc

Hardware-Wunder

Ein Snapdragon-810 mit vier GB Arbeitsspeicher, ein 2K-Display, zwei Kameras mit 16 Megapixel Auflösung, üppige 4.000 mAh an Akku-Kapazität, ein Sensor, der die Laune des Nutzers erkennen soll und ein vorinstallierter Messenger, mit dem sich ausschließlich "Comet"-Nutzer verständigen können sollen. Darüber hinaus soll das Handy wasserfest sein und dank automatisch ausfahrender "Flossen" auch nicht untergehen.

Offenbar ein Aprilscherz

Ein Foto des "Comet" gibt es freilich nicht, sondern ausschließlich Renderbilder. Selbst diese erklären nicht, wie die drei Finnen im Gehäuse untergebracht werden sollen. Doch das verwundert nicht weiter, denn physikalisch ergibt das Konzept keinen Sinn.

Wer nicht bereits anhand der Betrachtung der Bilder davon überzeugt ist, es mit einem Fake zu tun zu haben, müsste spätestens beim Vorstellungsvideo hellhörig werden. "Die besten Techniker" seien an der Entwicklung beteiligt. Über Namen und beruflichen Hintergrund selbiger wird nicht geredet, ebenso wie technische Erläuterungen ausbleiben. Formulierungen wie "Wir haben Zeitraffer, Zeitlupe, Panorama und was auch immer" verdeutlichen, dass der Clip nicht ernst gemeint ist.

Dafür spricht auch sein Veröffentlichungsdatum, denn Comet Core hat den Kurzfilm am 1. April bei Youtube hochgeladen. Erstellt wurde er offenbar ursprünglich von einem Kanal namens "Cat Entertainments", der ihn am 31. März (MEZ) ins Netz gestellt hat. Weitere von Comet Core selbst hochgeladenen Videos machen ebenfalls deutlich, dass das Projekt nicht ernst zu nehmen ist.

CometCoreInc

Unrealistische Preisgestaltung

Die Kampagne strotzt auch vor vielen weiteren Hinweisen. So soll der reguläre Preis des Geräts bei umgerechnet 315 Euro beginnen. Selbst bei optimistischer Prognose des Preisverfalls für den angeblichen Snapdragon-810, der aktuell der leistungsfähigste Consumer-Chip von Qualcomm in Massenproduktion ist, und die anderen Komponenten, würde die Rechnung bis zum Beginn der Herstellung im Januar 2016 wohl nicht aufgehen.

Denn auch die Hardware- und Softwareentwicklung kosten Geld, dazu ist die Fertigung von kleinvolumigen Bestellungen auf das Stück gesehen teurer. Das war auch ein Grund, warum die Macher des Fairphone für ihr erstes Gerät ein generisches Design herangezogen haben.

Falscher Prototyp

Gezeigt wird außerdem ein Prototyp, allerdings in erstaunlich verwaschenen Bildern. In einem Video gibt es eine Vorführung der Wasserfestigkeit. Dabei ist ab Sekunde 14 ein Gerät zu sehen, bei dem es sich wohl um das erste Sony Xperia Z oder ein anderes Handy der Xperia Z-Reihe handeln dürfte, die eben für dieses Feature bekannt ist. Hinzu kommt, dass das Finanzierungsziel von 100.000 Dollar für die Herstellung eines Smartphones, selbst wenn es nur noch um das Vorbereiten der Massenproduktion geht, ein absolut unrealistischer Wert ist.

Verschiedene Medien haben bereits über das Projekt berichtet und korrekt als Fake identifiziert. Einzelne Seiten wiederum übernahmen unkritisch die Angaben aus der Kickstarter-Kampagne und von der einigermaßen professionell wirkenden Homepage.

Offenbar keine Kontrolle

Im Moment steht das Crowdfunding bei rund 25.000 Dollar. Bis zum Ende der Kampagne in etwa einem Monat ist das Erreichen des Finanzierungsziels durchaus realistisch. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Scherzaktion, die sich rechtzeitig vor Ablauf selbst enttarnen dürfte. Doch falls nicht: Beiträge auf Kickstarter verstehen sich als Investition und nicht als Kauf. Einen rechtlichen Anspruch auf die Lieferung der Rewards gibt es nicht.

Gerade deswegen ist es wichtig, dass Seitens Kickstarter zumindest eine Glaubwürdigkeitsprüfung für neue Kampagnen durchgeführt wird. Das ist nicht der Fall, was in solchen Fällen doppelt schwer wiegt. Denn das Crowdfunding für "Comet" läuft bereits seit einigen Tagen.

Glaubwürdigkeitsverlust

Während bei anderen Projekten die Einschätzung der Machbarkeit schwierig sein kann, und es neben zahlreichen realisierten Dingen wie dem "Coolest Cooler", der Ouya oder Videospielen wie "Broken Age" auch schon eine stattliche Liste an gescheiterten Unternehmungen gibt, ist hier offensichtlich, dass das Produkt weder echt noch umsetzbar ist.

Was wiederum das zweite gravierende Problem aufzeigt: Selbst bei Bekanntwerden eines offensichtlich unechten Projektes gibt es bestenfalls eine behäbige Reaktion. Auf Nutzerhinweise zu "Comet" hat man bislang nicht reagiert. Mit jedem Tag, an dem weiter Unterstützungszahlungen für das Wunderhandy aus dem Land der Fantasie geleistet werden können, verliert die weltgrößte Crowdfunding-Plattform ein Stück Glaubwürdigkeit. (gpi, 09.06.2015)

Update, 09.06.2015, 17:35 Uhr: Die Initatoren der "Comet"-Kampagne haben das Crowdfunding auf Kickstarter kurz nach Veröffentlichung des Artikels eingestellt. Begründet wird dies allerdings nicht mit der Inexistenz des Gerätes, sondern damit, dass eine zusätzliche Beigabe in Form smarter Bluetooth-Ohrhörer nicht den Kickstarter-Richtlinien entsprechen würde. Gleichzeitig kündigte man an, einen weiteren Finanzierungsversuch auf einer anderen Crowdfunding-Plattform starten zu wollen.