Im Büro von Ferdinand Alexander Porsche steht die Zeit still. Sein Schreibtisch wirkt so, als ob Porsche jeden Moment an seinen Arbeitsplatz zurückkehren könnte. "Alles ist noch genau so, wie es Porsche im Jahr 2000 zurückgelassen hat", versichert Christian Schwamkrug vom Porsche Design Studio in Zell am See. An der Wand: Zeichnungen seiner Kinder. Auf dem Reißbrett: Skizzen einer Armbanduhr. Im Regal: Modelle seiner in der breiten öffentlichen Wahrnehmung bekanntesten Schöpfung, des Porsche 911.
Eine Design-Ikone, die auch den Grundstein des Porsche Design Studios in Zell am See, Ortsteil Schüttdorf, legte, das "F. A.", wie Porsche hier kumpelhaft genannt wird, 1974 von Stuttgart, wo er es 1972 gründete, in den ruhigen Pinzgau verlegte. "Hier schlägt das Herz, hier sitzt der Kopf", heißt es im Buch zum 40-Jahr-Jubiläum. Das Studio befindet sich in Sichtweite des Schüttguts, dem Familiensitz, wo F. A. Porsche seit 2012 seine letzte Ruhestätte hat.
Design denken
Die Designauffassung des Gründers ist omnipräsent. Nach wie vor gelten seine Richtlinien, die die Arbeitsweise aller Mitarbeiter des Studios definieren. Selbst auf der Rückseite der Visitenkarte ist ein Leitmotiv abgedruckt: "Wenn man die Funktion eines Objekts analysiert, wird dessen Form offensichtlich." Mit dieser Art, die Dinge zu betrachten, kann man sich praktisch jedes Gegenstandes annehmen, egal ob Yacht, Kugelschreiber, Sonnenbrille oder Uhr – aber dazu später.
Schwamkrug veranschaulicht dies an einem (Gegen-)Beispiel: "Die Zitronenpresse Juicy Salif von Alessi, entworfen von Philippe Starck, ist ein weltberühmtes Designobjekt – aber sie funktioniert nicht. Das hätte es bei F. A. nicht gegeben." Wie eine (funktionierende) Zitronenpresse designed in Zell am See aussieht, kann man googeln: Porsche Design hat nämlich eine für Siemens entworfen. Sie ist puristisch und aufs Wesentliche reduziert – eine Feststellung, die sich auf alle Produkte des Hauses anwenden lässt.
Stark in Mode
2003 zieht sich F. A. Porsche aus dem operativen Geschäft zurück, es entsteht die Porsche Design Group. Die eher losen Verbindungen zum Stuttgarter Sportwagenhersteller werden enger – Synergien sollen gehoben werden. Neue Geschäftsfelder, neue Vetriebsstrategien kommen hinzu. Die Luxusmarke Porsche Design wird gestärkt, eigene Shops eingerichtet. 250 sollen es 2015 weltweit sein.
Geht man von den letzten veröffentlichten Zahlen aus, scheint der Plan aufzugehen: 2012 und 2013 wuchs die Design Group im zweistelligen Bereich. Der Verkaufserlös stieg auf 128 Millionen Euro, ein Zuwachs um zehn Prozent. Dies gelang nicht zuletzt durch eine Öffnung in Richtung Mode und Accessoires und damit auch einer neuen, weiblichen Kundschaft. Eine spezielle Herausforderung, wie Schwamkrug sagt: "Wir haben uns nie irgendwelchen schnelllebigen Trends oder Moden unterworfen."
Die ersten schwarzen Uhren
Wie wenig sich F. A. um Trends scherte, zeigt der 911er, der so gar nichts gemein hatte mit den überkandidelten Sportwagen der 60er-Jahre. Und das zeigt sich nicht zuletzt bei den Uhren. Die erste Uhr, die er 1972 entwarf, war ein automatischer Chronograf. Das war mitten in der Quarzkrise, die Uhrenbranche stand am Rand des Abgrunds. Der Quarzuhr schien die Zukunft zu gehören. Noch dazu war diese Uhr komplett schwarz. Damals war das neu, heute hat so gut wie jede Marke einen schwarzen Zeitmesser im Portfolio.
Porsche, der Uhren liebte, sah in ihnen ein Präzisionswerkzeug, kein Schmuckstück. Er setzte auf Nüchternheit: Die Uhr – bis dahin ein golden glänzendes Statussymbol – hatte all ihren schönen Schein verloren. Er gab seiner Schöpfung einen Namen, der vor Korrektheit strotzte: "Chronograph 1". Die mattschwarze Farbgebung hatte sich Porsche von Rennwagen-Instrumententafeln abgeschaut. Dort zählt die gute Ablesbarkeit. 1980 brachte man in Kooperation mit IWC Schaffhausen die erste Titanuhr auf den Markt. Das leichte, sehr technisch anmutende Material wurde erst später von anderen Marken entdeckt.
Nüchtern und korrekt
Gemeinsam mit der Schweizer Manufaktur Eterna brachte Porsche Design weitere Uhren auf den Markt. 2011 wurde Eterna von der China-Haidian-Gruppe gekauft, Porsche Design trennte sich 2013. Seither war es ruhig geworden. Das ändert sich nun, wie Gerhard J. Novak versichert. Er ist General Manager bei Porsche Design Timepieces AG, einer neuen in Solothurn ansässigen Tochtergesellschaft der Porsche Design Group. "Wir haben uns in der Schweiz angesiedelt, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen", erläutert Novak, der unter anderen schon für Omega tätig war. Also Schluss mit Lizenzpartnern, die Uhren werden jetzt vollständig in Solothurn entwickelt und hergestellt.
"First in Black" und "First in Titanium" lauten die Claims, mit denen man der Luxusuhrenmarke die alte Strahlkraft zurückgeben möchte. Man knüpft dementsprechend an die legendären Uhren des Hauses an. So ist die Chronotimer Series 1 ein schwarzer Titan-Zeitmesser, in dem das altbewährte Chronografenwerk Eta Valjoux 7750 tickt. Eigene Werke wird es mittelfristig nicht geben – zu aufwendig, zu teuer.
Design als Nische
Porsche liefert die Designvorgaben, nach denen externe Gehäuse-, Zifferblatt-, Zeigerbauer die Komponenten herstellen und liefern. Zusammengebaut werden die Zeitmesser dann im Haus. 5.000 Uhren im Preisbereich zwischen 3.000 und 6.000 Euro will man heuer verkaufen. "Wir wollen unsere eigene Nische schaffen und uns vor allem über das Design definieren", sagt Novak. Als Zielgruppe hat man offenbar jene Männer im Auge, die nicht zwangsläufig einen Sportwagen fahren, sich aber gerne einen Porsche ans Handgelenk legen. (Markus Böhm, RONDO, 18.6.2015)