Wien – Das Modell der Primärversorgung zur Entlastung der Spitalsambulanzen lässt bei der Ärztekammer neue Sorgen hochkommen. Stein des Anstoßes ist die Schaffung einer eigenen rechtlichen Grundlage für die geplanten Zentren. Dadurch könnte das derzeitige System der niedergelassenen Ärzte und die Rolle der Ärztekammer ausgehebelt werden, so die Befürchtung von Kammer-Chef Artur Wechselberger.

Das Gesundheitsministerium sei der Ansicht, dass man ein eigenes "Primary Health Care"-Gesetz brauche. Die Kammer will die Primärversorgung aber auf Grundlage des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) abwickeln. Nur so sei weiterhin ein Gesamtvertragssystem garantiert, in dem Sozialversicherung und Ärztekammer miteinander verhandeln und nicht "Almosenverteilung" an einzelne Ärzte passiere, meinte Wechselberger Mittwochabend vor Journalisten.

Verträge

Weitere Forderungen, die die Kammer durch ein PHC-Gesetz infrage gestellt sieht: Es dürfe keinen Eingriff in die Stellenpläne und in die Einzel- und Gesamtverträge der Allgemeinmediziner geben, Ärzte müssen medizinische Leiter der Primärversorgungszentren sein, und es soll zur Aufwertung der praktischen Ärzte ohne Beschränkung des freien Zugangs zu anderen Versorgungsstufen (Fachärzte, Ambulatorien, Spitalsambulanzen) kommen. Zusätzlich brauche es eine bessere finanzielle Ausstattung des niedergelassenen Bereichs.

Verhandlung abgebrochen

Der lang erwartete Dialog zwischen Sozialversicherung und Ärztekammer zur Verbesserung des Gesprächsklimas zwischen den beiden Institutionen hat am Mittwoch stattgefunden - und wurde ohne Ergebnis abgebrochen. Im Hauptverband der Sozialversicherungsträger gab man sich gegenüber der APA frustriert, in der Ärztekammer war die Stimmung ähnlich.

Hauptverbands-Vorstand Peter McDonald hatte im Frühjahr zu dem Treffen geladen, um Zukunftsfragen am Bürotisch zu diskutieren, statt sich die Dinge über die Medien auszurichten. Erfolg dürfte sich keiner eingestellt haben. Statt über die großen Themen wie Gesundheitsreform, Primärversorgung und Ärztemangel zu reden, habe die Kammer Honorarerhöhungen bei den Vorsorgeuntersuchungen verlangt, hieß es aus Verhandlerkreisen.

Außerdem habe die Ärztekammer nicht Präsident Artur Wechselberger, sondern mit Vizepräsident Johannes Steinhart einen "Scharfmacher" entsandt, war im Hauptverband zu hören. Dennoch habe man eine Erhöhung des Vorsorgehonorars um rund zehn Prozent von 75 auf 83 Euro angeboten. Der Ärztekammer sei das aber zu wenig gewesen.

Valorisierung des Honorars

Als frustrierend bezeichnete auch Wechselberger Mittwochabend vor Journalisten den Ausgang der Gesprächsrunde. Dabei habe man das Treffen erkämpft, um endlich das in einer Arbeitsgruppe erarbeitete Paket für die Vorsorgeuntersuchungen zu finalisieren. "Es geht ums Geld", bestätigte der Präsident. Das Honorar sei seit zehn Jahren nicht erhöht worden, die Kammer will eine Valorisierung im Ausmaß der Erhöhung des Verbraucherpreisindex. (APA, 11.6.2015)