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Was Jugendliche so alles über Ernährung, Sexualität und Wohlbefinden wissen, wird in der WHO-HBSC-Studie regelmäßig erhoben.

Foto: APA/Fohringer

Daten sind Gold wert, in der Medizin vor allem dann, wenn sie große Zeiträume erfassen. Denn die Gesundheit der Bevölkerung ist keine Momentaufnahme sondern ein überaus dynamisches Gut, das von vielen Einflüssen abhängt.

Einig sind sich die Experten, dass der Grundstein für ein gesundes Leben in der Kindheit und Jugend gelegt wird. Die Frage, inwieweit sich die Bevölkerungsgruppe der 11- bis 17-Jährigen einer gesunden Lebensführung überhaupt bewusst ist, ist deshalb relevant.

Genau das wird seit 1982 systematisch abgefragt. Die Health Behaviour in school-aged Children-Studie (HBSC) befragt die Kinder und Jugendlichen selbst. In standardisierten Fragebögen wird im Multiple-Choice-Verfahren die Selbsteinschätzung zu Lebenstilfaktoren erhoben: Ernährung, Essverhalten, Alkohol- und Drogenkonsum, Lebenszufriedenheit, gesundheitliche Beschwerden aller Art, Bewegung, Sexualität, Medienkonsum, das Verhältnis zu den Eltern. Die HBSC-Studie wird in 44 Ländern durchgeführt und erlaubt damit auch Vergleichsmöglichkeiten.

Erfreulich und besorgniserregend

"Wir sind gut unterwegs", kann Sabine Oberhauser, Bundesministerin für Gesundheit, vermelden und meint das Wissen der Jugendlichen zu gesunder Ernährung. Auch die Ergebnisse zum Zigarettenkonsum der Jugendlichen seien erfreulich, die Zahlen der jungen Raucher haben sich halbiert. "Unsere Jugendlichen waren beim Rauchen im internationalen Vergleich Spitzenreiter, im negativen Sinne", erinnert Oberhauser. "Wir sehen, dass unsere Kampagnen und Maßnahmen in diese Richtung zu greifen scheinen und werden trotz positiver Entwicklung weitermachen", sagt Pamela Rendi-Wagner, Sektionschefin im Gesundheitsministerium, verantwortlich für öffentliche Gesundheit.

Rosemarie Felder-Puig vom Ludwig Boltzmann Institut für Health Promotion Research und Leiterin der HBSC-Studie, sieht zwei große, neue Problemfelder. Zum einen die Anzahl der Jugendlichen mit Übergewicht, "wir wissen, dass Adipositas in der Jugend zu enormer gesundheitlicher Beeinträchtigung im Erwachsenenalter führt," sagt Felder-Puig.

Man sei sich des Problems durchaus bewusst und hätte mit Aktionen wie dem "gesunden Schulbüffet" bereits auch Initiativen gesetzt, sagt Sektionschefin Pamela Rendi-Wagner. Zirka ein Viertel aller Betriebe in Schulen sei an Bord. Sie betont jedoch, dass in Fragen der Kinder- und Jugendgesundheit viele Kräfte an einem Strang ziehen müssten.

Getränkeautomaten verbieten

Auf die Frage, ob ein Verbot von Getränkeautomaten in Schulen nicht sinnvoll wäre, weiß sie, dass vor allem die Schulen selbst damit nicht einverstanden wären. Denn Getränkeautomaten bringen Schulen zusätzliches Geld, über das sie frei verfügen können, was dann etwa zur Unterstützung von Elternvereinen eingesetzt würde. Indirekt sind Getränkehersteller also Sponsoren, auf die Schulen nicht verzichten wollen. "Bewusstsein für eine Problematik wie Adipositas zu schaffen ist der bessere Weg als mit Verboten zu arbeiten", ist Rendi-Wagner überzeugt.

Für HBSC-Studienleiterin Felder-Puig zeichnet sich allerdings auch noch ein anderes Problemfeld bei Kinder- und Jugendlichen ab. Konkret geht es um die psychische Gesundheit, die ja auch bei den Erwachsenen zunehmend beeinträchtigt ist. "Wir konnten feststellen, dass Kinder und Jugendliche zunehmend an Schlafstörungen leiden", sagt Felder-Puig. Schlafstörungen könnten eine ganze Reihe von Ursachen haben, betont sie, in der Selbsteinschätzung der Kinder sei dieses Ergebnis allerdings auffällig neu.

Zur Faulheit und Mobbying

Die guten Nachrichten zum Schluss: Österreichs Kinder wissen um die Wichtigkeit der Zahngesundheit Bescheid, 76 Prozent putzen regelmäßig, "auch, weil schöne Zähne ein Statussymbol geworden sind", merkt Felder-Puig an.

Auch das Bewegungsverhalten sei im Vergleich zu früher stabil, "Mädchen ab dem 15. Lebensjahr werden faul, das war schon immer so", sagt Felder-Puig. Das Mobbing an Schulen habe sich verbessert, "weil die Sensibilität der Schulen auf dieses Thema gestiegen ist und man mit partizipativen Lösungsansätzen sehr erfolgreich ist", kann Felder-Puig berichten.

Für die Politik ist die HBSC-Studie ein wichtiger Gradmesser. bei der Konzeption zukünftige Kampagnen und Initiativen wolle man sich an den neuen Daten orientieren, sind sich die Verantwortlichen einig. (Karin Pollack, 12.6.2015)