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Ein Bild aus besseren Tagen: SPD-Chef Sigmar Gabriel trifft Kanzler und Parteifreund Werner Faymann. Jetzt ärgert Rot-Blau die SPD.

Reuters

Ist ja nur das Burgenland. Das kleinste Bundesland. Und es ist ja nur eine Ausnahme ...

Falls peinlich berührte österreichische Sozialdemokraten hoffen, dass der Tabubruch von Eisenstadt bei Genossen jenseits der österreichischen Grenzen als nicht so schlimm betrachtet oder gar nicht wahrgenommen wird, dann liegt ein großer Irrtum vor. In Deutschland reagieren viele Sozialdemokraten geradezu entsetzt auf das rot-blaue Bündnis.

"Bei allem Verständnis für schwierige Regierungsfindungen: Es ist schlicht und einfach ein fataler Irrweg, dass die Sozialdemokraten im Burgenland mit der FPÖ ein Bündnis eingehen wollen", sagt SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Sie ist überzeugt: "Die SPÖ wird das politisch bitter bereuen." Ralf Stegner, Vizechef der Bundespartei und Vorsitzender der Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein, erklärt via Twitter: "Alle wissen, dass wir gegen Koalitionen mit Rechtspopulisten sind - das ist nun wirklich kein Geheimnis."

Scharfe Kritik

Unverständnis und Empörung löst die Entscheidung auch in der SPD-Fraktion im Bundestag aus, wie Nachfragen des STANDARD zeigen: Scharfe Kritik kommt vom SPD-Bundestagsabgeordneten Nils Annen: "Ich bin über die Entscheidung der burgenländischen SPÖ zu einer Koalition mit der rechtsextremen FPÖ sehr besorgt und halte sie für einen schweren Fehler", erklärt er. Er sieht eine negative Signalwirkung weit über das Burgenland hinaus: "Die FPÖ ist ausländerfeindlich, europafeindlich, arbeitnehmerfeindlich und im Kern undemokratisch. Wenn eine sozialdemokratische Partei in Europa mit solchen Leuten gemeinsame Sache macht, untergräbt das die Glaubwürdigkeit unserer gemeinsamen Politik gegen Rechtsradikalismus und schadet der Sozialdemokratie in ganz Europa."

Seine Bundestagskollegin Hilde Mattheis kann es auch "nicht verstehen, wenn Sozialdemokraten mit einer Partei, die offen Hass gegen Migranten und Flüchtlinge schürt, zusammenarbeiten wollen." Es gehörte doch "zum Grundverständnis aller Sozialdemokraten, sich gegen jede Form von Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu stellen".

Und Juso-Chefin Johanna Uekermann findet, das Ganze "schlägt dem Fass den Boden aus". Es könne "keine Arbeitsgrundlage geben zwischen der Sozialdemokratie mit ihren Werten Freiheit, Gleichheit und Solidarität auf der einen Seite, und Rassisten auf der anderen." Rot-Blau sei "ein historischer Fehler".

Schröder gegen Jörg Haider

Das Entsetzten der SPD erinnert an das Jahr 2000. Als die ÖVP damals unter Wolfgang Schüssel eine Koalition mit der FPÖ einging, war es der damalige sozialdemokratische deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder, der - gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac - die Sanktionen der EU gegen Österreich betrieb.

Schröders Credo lautete damals: "Wehret den Anfängen." Er hatte Sorge, dass die Akzeptanz der von Jörg Haider geführten Freiheitlichen in der Bundesregierung eines EU-Landes auch in Deutschland rechte Kräfte beflügeln könnte. Später hat Schröder die EU-Sanktionen als "Fehler" bezeichnet, seiner Abneigung gegen die FPÖ jedoch ist er treu geblieben.

Nach der Thüringer Landtagswahl im Sommer 2014 zogen Teile der CDU kurz ein Bündnis mit der rechtskonservativen Alternative für Deutschland (AfD) in Betracht, um das Amt des Ministerpräsidenten für die CDU zu retten. Die AfD hat nicht nur in der Ausländerpolitik ähnliche Ansichten wie die FPÖ. Die SPD warnte die CDU damals von einem "Spiel mit dem Feuer". Das Bündnis kam dann aber nicht zustande. In Thüringen regiert heute Rot-Rot-Grün. (Birgit Baumann aus Berlin, 12.6.2015)