Wien – Karl Wurm war nicht persönlich anwesend, doch der Obmann der Gemeinnützigen war vorherrschendes Thema auf der Pressekonferenz der SP-Bautensprecherin Ruth Becher am Freitag. Dass Wurm vier Wohnungen vom gewerblichen Tochterunternehmen seiner Genossenschaft Gewog selbst erworben hat und von diesen zwei leerstehen, habe auch sie "überrascht", so Becher. Ihre Schlussfolgerung: "Auch wenn alles gesetzeskonform war – was noch geprüft wird -, bin ich dafür, dass die Gesetze so geändert werden, dass sie dem Gerechtigkeitsempfinden der Menschen entsprechen."

Verschärfungen bei WGG-Reform

Konkret kündigte sie eine Verschärfung der Unvereinbarkeitsbestimmungen im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) an. Dieses soll ohnehin reformiert werden, die Verhandlungen laufen schon länger und sind weit gediehen. Im Herbst könnte es zu einem Abschluss kommen.

Die SP-Abgeordnete nannte eine Ausweitung des Paragrafen 8 des WGG, in dem die Wohnungsvergabe geregelt wird, auch auf gewerbliche Tochterunternehmen der Gemeinnützigen als beste Variante. "Das war davor in den Verhandlungen kein Thema, jetzt aber schon." Auch die Aufsichtsräte solle man aber "nicht aus ihrer Verantwortung entlassen", so Becher. Staatskommissäre wie bei Banken wären hier eine Möglichkeit. Denkbar wäre aber auch eine Revision durch externe Wirtschaftsprüfer, wie die FPÖ am Freitag forderte, oder gleich durch den Rechnungshof. Auf die Einführung von "Fit & proper"-Tests für Funktionsträger im gemeinnützigen Sektor, ebenfalls analog zum Bankwesen, haben sich die WGG-Verhandler schon geeinigt (der STANDARD berichtete).

Aufregung um Gewerkschafter Muchitsch

Der Nationalratsabgeordnete und Gewerkschaftschef Josef Muchitsch (SPÖ), der an den Wohnungskäufen durch Wurm nichts Verwerfliches fand, kommt jetzt selbst in die Bredouille. Laut Presse wohnt der Vorsitzende der Bau-Holz-Gewerkschaft selbst in einem ausfinanzierten Sozialbau: Die Miete für die 37-Quadratmeter-Wohnung plus Balkon, die fünf Gehminuten vom Parlament entfernt ist, liegt bei 285,99 Euro inklusive Betriebskosten. Vergleichbare Wohnungen werden auf dem privaten Markt um rund 530 Euro inseriert.

Muchitsch verdient 8806 Euro. "Ich habe eine Frau und drei Kinder. Ich bezahle sicher nicht tausend Euro für eine Wohnung", sagte er laut dem Bericht.

Die Wiener Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger reagierte mit einem offenen Brief an Muchitsch: "Sie beziehen nämlich nicht nur ihr Abgeordnetengehalt, laut ihren Angaben erhalten sie auch weitere Einkünfte aus einer Nebentätigkeit und verdienen bis zu 15.000 Euro brutto im Monat. Ich hoffe, sie können sich die Miete ihrer Sozialbau-Wohnung um 285,99 Euro gerade noch leisten! Vorschlag: Sie könnten aber natürlich auch mit Gemeindebau-Bewohner Peter Pilz eine Wohngemeinschaft gründen und sich die Kosten für eine Wohnung mit marktkonformer Miete teilen."

"Umwandlungsverbot"

Eigentliches Thema von Bechers Pressekonferenz waren Vorsorgewohnungen. Insbesondere vor sogenannten "Altbau-Vorsorgewohnungen", wo langfristig vermietete Altbauwohnungen an Investoren verkauft werden, müsse man aus mehreren Gründen warnen, so die Abgeordnete, die sich Unterstützung in Form der Geschäftsführerin der Mietervereinigung (MVÖ), Nadja Shah, und des Konsumentenschutzsprechers des Pensionistenverbands, Harald Glatz, geholt hatte. Dabei wurde sie offenbar von Shah ein wenig überrumpelt. Diese forderte nämlich eine "Umwandlungsabgabe", die bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen eingehoben werden sollte. Auf die Frage, ob dies nun auch SPÖ- Linie sei, sagte Becher, sie habe soeben erstmals von dieser Forderung gehört, halte sie aber persönlich für keine schlechte Idee. (Martin Putschögl, 19.6.2015)