Es waren die ersten Wahlen, seit Albanien den EU-Kandidatenstatus innehat. Die internationale Beobachtermission der OSZE/ODIHR kritisierte die Politisierung der öffentlichen Institutionen, die "den Wahlprozess unterminieren". Die Leiterin der Mission Audrey Glover nannte etwa namentlich die zentrale Wahlkommission. Doch insgesamt wurden die Wahlen als "ruhig und fair" beurteilt.

Die EU gratulierte den albanischen Bürgern und mahnte, man solle den Empfehlungen der Beobachtermission folgen. Die NGO "Koalition für freie Wahlen und nachhaltige Demokratie" stellte keine signifikanten Irregularitäten oder Wahlfälschungen fest. In vier Prozent der Fälle kam es vor, dass Wähler, die auf der Liste waren, trotzdem nicht zur Wahl zugelassen wurden, in drei Prozent konnten Leute wählen, obwohl sie nicht auf den Listen standen. Für albanische Verhältnisse ist das ein Erfolg.

Manche Wähler machten mit ihren Handys Fotos von den Wahlzetteln, die sie später der betreffenden Partei als "Beweis" für ihre Loyalität vorwiesen. Eigentlich ist es in Albanien deshalb verboten, Taschen in die Wahlzelle mitzunehmen. Mancherorts standen auch Partei-Leute direkt vor den Wahlzentren und winkten mit Geldscheinen. Doch immerhin: Es kam zu keiner Gewalt. Und insofern werden die Lokalwahlen vom Sonntag von der internationalen Gemeinschaft positiv beurteilt.

Wegen Kokainhandels verhaftet

Die Kandidatur von offensichtlich Kriminellen bei den Bürgermeisterwahlen wurde bereits im Vorfeld diskutiert – schadete diesen aber nicht. Die Plattform "Balkan Insight" (BI) veröffentlichte die Namen von drei Personen, die wegen krimineller Aktivitäten verhaftet worden waren. Dazu gehören die zwei sozialistischen Bürgermeisterkandidaten Artur Bushi und Elvis Rroshi, die für Kruja und Kavaja kandidierten. Bushi wurde etwa 2010 in Italien verhaftet und verdächtigt, Mitglied einer kriminellen Bande zu sein, die Kokainhandel betreibt. Bushi und Rroshi wurden übrigens am Sonntag zu Bürgermeistern gewählt.

Gefälschte Wahlliste in Durres

Eigentlich haben die beiden großen Parteienblöcke 2014 vereinbart, dass Personen mit kriminellem Hintergrund keine öffentlichen Posten einnehmen sollten. Die Demokratische Partei zog schließlich noch vor der Wahl den Kandidaten Gentian Muhameti zurück, der wegen Drogenhandels in Italien verurteilt worden war. Das Problem ist, dass sich die Parteien zuweilen auf Kriminelle stützen, weil diese Geld und Einfluss haben, um für ausreichend Wählerstimmen zu "sorgen".

Auch die Zusammenstellung der Wahllisten sorgte wieder einmal für Konflikte. Die Staatsanwaltschaft verlangte etwa die Rücknahme von 2.800 Namen auf der Wahlliste von Durres, nachdem veröffentlicht worden war, dass der Bürgermeister diese Leute, die gar nicht in Durres wohnen, über private Firmen registrieren hatte lassen. Die Opposition kritisierte, dass in der Hafenstadt vor der Wahl plötzlich sieben Mal mehr Leute gemeldet waren als in den zwei Jahren davor. Premier Edi Rama erklärte, dass die Wahl wiederholt werden sollte, wenn der sozialistische Kandidat weniger als 2.000 Stimmen Vorsprung haben sollte – was nicht der Fall war.

Wirtschaftliche Abhängigkeiten

Auch der Druck auf Journalisten wurden während des Wahlkampfs wieder einmal offenbar. So "wies" der Bürgermeister von Elbasan, Qazim Sejdini, ein Sozialist, Journalisten kürzlich darauf hin, dass "sie oft vergessen, dass sie einen Job haben und dass sie mit ihrem Mund und ihrer Kamera die Interessen ihrer Eigentümer beschädigen". In Südosteuropa werden viele Parteien nur gewählt, weil die Leute Angst haben, ihre Jobs zu verlieren.

Für Lulzim Basha, den Vorsitzenden der Demokratischen Partei (PD) in Albanien, dürfte es hingegen nach der Niederlage schwer werden, seinen Posten zu behalten. Basha, der in den vergangenen Jahren auch Bürgermeister in Tirana war, konnte sich nicht vom alten Paten der Partei, Sali Berisha, lösen. Dieser funkte dauernd hinein. Basha stand in seinem Schatten – und dieser ist lang. Intern wird in der DP nun über einen "Neuanfang" diskutiert – und darüber, wie man sich aus der Ära Berisha, die auch mit Korruption und Autoritarismus verbunden wird, distanzieren kann.

Opposition verlor auch im Norden

Die PD verlor am Sonntag nicht nur den Bürgermeisterposten von Tirana an die Sozialisten – neuer Stadtchef wird Erion Veliaj. Nach letztem Stand gingen 46 der 61 Bürgermeisterämter an die auch auf Staatsebene regierende Linkskoalition, nur 15 konnte die Rechtskoalition gewinnen. Außer der traditionell katholischen und konservativen Stadt Shkodra im Norden sind die Gemeinden, die der DP blieben, ökonomisch wie politisch unwichtig. Einzige Ausnahme im traditionell linken Süden ist Permet. Dort konnten die Demokraten offensichtlich deshalb gewinnen, weil sie einen ehemaligen Sozialisten an die Spitze setzten. Ansonsten konnte die Linkskoalition in allen wichtigen großen Städten wie Tirana, Durres, Korca, Elbasan und Vlora gewinnen. (Adelheid Wölfl, 24.6.2015)