Son Lux – Bones (Caroline/Universal)

cover: Caroline/Universal

Der 1979 geborene US-Künstler Ryan Lott produzierte früher Musik für Tanz, Film und Werbung. Bislang veröffentlichte er unter dem Pseudonym Son Lux drei Alben weitgehend solo. Um auf Tour nicht immer so allein zu sein, beschäftigt er mittlerweile zwei Begleitmusiker, die nun auch als fixe Bandmitglieder wesentlichen Anteil am neuen Werk Bones tragen. Ryan Lott war schon bisher ein Mann, der nicht unbedingt auf die Forcierung eigener Ideen setzte, sondern seine Lieder langsam und verträumt angeht. Daran ändern auch die neuen Stücke auf Bones nichts. Inhaltlich geht es im weitesten Sinn um Gefühle der Machtlosigkeit und Entfremdung. Allerdings fokussiert sich das weniger in einem Ausdruck des generellen Protests gegenüber einer gesellschaftlichen Gesamtbefindlichkeit, die ja, wie wir alle wissen, derzeit nicht so gut aufgestellt ist – aber wann waren die Zeiten schon jemals gut? Ryan Lott beschreibt vielmehr Transformationsprozesse, die über die Bühne gehen, wenn sich aufgrund einer gewissen Lebenserfahrung das Erdulden hin zum zarten Ekel wandelt: "We have the lungs and we have the air to shout. But we don’t."

Mann mit Wut

In einem anderen Song des Albums, wie alle Gesangsbeiträge Ryan Lotts mit hoher Stimme schwachbrüstig bis knapp zur Atemnot angelegt, heißt es ganz grundsätzlich: „Are we now what we’ll be? Are we fixed or free?“ Dazu verwendet der klassisch ausgebildete Pianist allerlei atmosphärisches Brimborium und flächige Keyboardteppiche. Man hört schön in den Hallraum des Laptops gesetzte Gefangenen-Chöre, der Schlagzeuger klöppelt auf diversem, nicht zur Grundausstattung eines Drum-Kits gehörendem Perkussionsbeiwerk. Alles ist schaumgebremst, verträumt und klingt, als ob Son Lux nach einer kurzen Nacht gerade erst aufgewacht wären. Change Is Every-thing erweist sich als Höhepunkt der Songsammlung Bones. Es klingt wie der barocke Operettenpop der guten alten Sparks auf Ritalin. „Oooooo-oooooh!“ jault der_zwischen Selbstmitleid und erlösender Himmelfahrt lavierende Chor. Dann brettern harsche Beats in die Unbequemlichkeit. He, der Mann hat ja auch Wut. Avantgarde-Pop auf der Suche nach Erlösung. (schach, Rondo, 26.6.2015)